Nummer 33 Der Beobachter an der Elbe.
Unterhaltungsblätter für Jedermann.
Verlag von H. G. Münchmeyer in Dresden.
2. Jahrg.


Wanda.

Novelle von Karl May.
23. Juni 1875


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Der neu engagirte Gehilfe aber schien alle Vorsicht vergessen zu haben und machte die offenherzigsten Enthüllungen aus seiner Vergangenheit.

So war der letzte Anhaltepunkt erreicht und nach kurzer Zeit gab die Maschine das Zeichen, daß für die beiden durch den Zufall Vereinigten die Fahrt bald zu Ende sei.

»Parbleu, welch' ein Mädchen!« rief da plötzlich der Professor und zeigte zum Fenster hinaus. »Sehen Sie dort die Dame auf dem Rappen? Es ist ein Andalusier vom reinsten Geblüt; ich kenne von meinen früheren Wanderungen durch die Halbinsel diese Rasse von Thieren und behaupte geradezu, daß er seine volle zwei Tausend Thaler gekostet hat. Dem Besitzer muß ein großes Vermögen zur Verfügung stehen!«

Der Zug befand sich schon in der Nähe des Stationsgebäudes und verminderte aus diesem Grunde seine bisherige Schnelligkeit.

Die von beiden Seiten mit Kastanienbäumen berandete Allee, welche von der Stadt zum Bahnhofe führte, ging eine Strecke mit dem Trace der Bahn fast parallel, und so konnten die beiden Reisenden während der sich verlangsamenden Fahrt zwei Personen beobachten, welche sich zu Pferde dem Haltpunkte näherten.

Es war eine Dame, welche einen spanischen Rapphengst ritt, dessen dunkle Farbe und feurigen Bewegungen effectvoll von dem lichten Kleide und der nachlässig sicheren Haltung der Reiterin abstachen. Der sie begleitende Herr saß auf einem braunen Trakehner. Er hing mit dem Anstande eines Mannes auf dem Pferde, den der Vorwurf, auf Studium und Ausübung der edlen Reitkunst zu viel Sorgfalt und Anstrengung verwendet zu haben, nicht gut treffen kann. Deßhalb war, trotzdem seine Aufmerksamkeit schon aus Kavaliersrücksichten der Begleiterin zugewendet sein sollte, dieselbe doch mit einer leicht ersichtlichen Aengstlichkeit auf sich selbst gerichtet, und es ließ sich unschwer erkennen, daß in den Blicken, welche die junge Dame ihm zuweilen zuwarf, sich eine Art von verächtlicher Besorgniß aussprach.

»Wer muß denn die Dame sein?« frug der Professor.

»Zufällig kenne ich sie von der Residenz her. Es ist Fräulein von Chlowicki, welche mit ihrer Pflegemutter aus Gesundheitsrücksichten hierher gezogen ist.«

»Und der Herr an ihrer Seite?«

»Habe ihn noch nicht gesehen,« erwiderte der Andere; aber sein Auge war mir einer durchdringenden Schärfe auf den Gegenstand ihres Gespräches gerichtet und schien denselben durchbohren zu wollen. Da aber stieß der Aëronaut einen Ruf der Ueberraschung aus und sprang erregt in die Höhe.

»Ventre-saint-gris! Das ist ja der Morelly, welcher - Wie kommt denn der an die Seite einer Dame von solcher Distinction!«

Er rüttelte mit beiden Händen an der Thür des Waggons, als könne er das Oeffnen desselben nicht erwarten, und als einen Augenblick später der Zug hielt, verließ er hastig das Coupée und schritt eiligen Laufes über den Perron nach der Straße zu, wo die Reitenden noch vor der geschlossenen Barriére hielten.

Ueber das Gesicht seines Gefährten war es bei dem Namen Morelly wie ein plötzlich aufleuchtender Strahl geflogen.

Er ergriff das beiderseitige Gepäck und folgte dem Vorangeeilten mit raschen Schritten, um bei dem Zusammentreffen der beiden Männer gegenwärtig zu sein. Leider war es ihm nicht möglich, die ersten Worte zu vernehmen; aber er bemerkte, die Leichenblässe auf dem Angesichte des Reiters und das vergeblich unterdrückte Vibriren seiner Stimme, als er jetzt zum zweiten Male antwortete:

»Ich danke, Herr Professor, für die Nennung Ihres Namens; aber ich kenne keinen Grund, welcher Sie veranlassen könnte, sich mir auf offener Straße und in so derangirter Weise vorzustellen. Ich habe von Ihrem Kommen gehört und interessire mich allerdings sehr für das Schauspiel, welches Sie den Bewohnern dieser guten Stadt bereiten wollen. Wenn Sie aber auf meine Unterstützung rechnen, so müssen Sie vor allen Dingen den Forderungen der Höflichkeit Rechnung tragen. Ich bin der Baron Eginhardt von Säumen.«

»Entschuldigen Sie meine Zudringlichkeit, Herr Baron! Eine kleine Aehnlichkeit, die aber in der Nähe vollständig verschwunden ist, ließ mich in Ihnen einen Freund vermuthen, dessen Bekanntschaft ich vor längerer Zeit in Paris machte. Ich bin von der Grundlosigkeit dieser Vermuthung überführt und bitte um die Erlaubniß, mich zurückziehen zu dürfen.«

»Sie haben diese Erlaubniß. Bedürfen Sie während Ihres Aufenthaltes hier meiner Hilfe, so können Sie sich bei mir anmelden. Adieu!«

»Ich empfehle mich, gnädiger Herr!«

Er machte dem Baron eine respectvolle Reverenz; trotz dieser Ehrenbezeugung aber fuhr ein dämonisches Glühen seines Auges über die beiden Reiter hin, und eben wollte er mit einem höchst zweideutigen Lächeln zurücktreten, als seine Aufmerksamkeit auf den Andalusier gerichtet wurde.

Der Maschinist des eben angekommenen Zuges hatte mehrere Güterwagen einzurangiren und dirigirte die schnaubende und sprühende Locomotive an der Barriere vorüber. Das feurige Pferd kam in Aufregung, und die Reiterin mußte alle Geschicklichkeit und Anstrengung aufbieten, es zu beherrschen und festzuhalten.

Als aber die Wagen eingehängt waren und der Führer durch einen gellenden Pfiff das Zeichen zum Umstellen der Weiche gab, stieg es kerzengrade in die Höhe und hätte mit einem raschen Satze die Barriere übersprungen, wenn nicht unerwartet eine kräftige Hand in die Zügel gegriffen und das Thier zurückgerissen hätte.

Die Polin wäre verloren gewesen; denn kaum war der rettende Griff geschehen, so pustete die Maschine herbei und hätte ohne allen Zweifel Pferd und Reiterin ergriffen und zermalmt.


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»Herr Baron, wer den Kavalier spielen will, der muß auch thun, was seines Amtes ist!« mahnte der unerwartete Retter, indem er den in die Zügel knirschenden Andalusier zurückführte.

Es war Winter, der Essenkehrer, welcher im Bahnhofsgebäude gearbeitet hatte und auf seinem Heimwege gerade in dem kritischen Augenblicke herbeigekommen war.

»Beherrschen Sie Ihren Mund!« rief Säumen, wüthend darüber, daß es wieder dieser verhaßte Mensch war, der seiner Verlobten den Ritterdienst geleistet hatte. »Sehen Sie denn nicht, daß sich das Pferd vor Ihrer schwarzen Farbe und dem unausstehlichen Gestanke scheut?«

»Seien Sie vorsichtiger, Herr Baron! Sie verrathen sonst denselben Geschmack, welchen das Thier besitzt, und ich habe noch nicht gehört, daß diese Stallambition zur Empfehlung dienen könne. Hier, Fräulein, sind die Zügel. Der Zug ist vorüber, und Sie können Ihren Spazierritt ohne Gefahr fortsetzen.«

»Ich danke Ihnen, Herr Winter!«

Es waren nur diese wenigen Worte, welche sie sprach; aber er sah an dem tiefen, feuchten Glanze ihres Auges und an der Röthe ihrer Wangen, daß sie nicht mehr sprechen könne und erwiederte mit einem Lächeln, welches seine weißen, vollzähligen Zähne zwischen den schwarzgefärbten Lippen erscheinen ließ:

»Nicht danken, gnädiges Fräulein, sondern zürnen. Wir dürfen unser Uebereinkommen nicht verletzen.«

»Aber wenn ich fortfahren soll, Ihnen zu zürnen, so müssen Sie aufhören, die Stelle meines Schutzengels zu vertreten. Dank und Zorn, sie lassen sich nicht gut vereinigen!«

»Vollständig wahr gesprochen, Wanda!« fiel hier der Baron ein. »Wir befinden uns nicht auf der Bühne, um eines Deus ex machina zu bedürfen, und ich denke, daß wir uns schon zu lange hier verweilt haben.«

Die Pferde setzten sich in Bewegung, und Winter schickte sich an, seinen Weg fortzusetzen, als sein Blick auf den Jüngeren der beiden Reisenden fiel, welche noch immer dastanden.

Fast schien es, als wolle er die Hände vorstrecken, um begrüßend auf ihn zuzutreten, aber ein schneller, abwehrender Wink brachte auf seinem Gesichte sofort den Ausdruck der Gleichgiltigkeit hervor, und so wollte er, ohne den Fremden einen weiteren Blick zuzuwerfen, vorübergehen, als der Professor ihn anhielt.

»Sie kenn' Mosjöh le baron?«

»Nicht näher, als vom bloßen Sehen.«

»Ist er ein Mann reich?«

»Weiß nicht.«

»Wer hat kewes' die Dam'?«

»Fräulein von Chlowicki ist seine Braut.«

»Ist mademoiselle Braut sehr reich?«

»Möglich; ich habe noch nicht die Erlaubniß gehabt, ihre Doublonen zählen zu dürfen, mein Herr.«

»Schön, sehr schön! Wo wohnt mademoiselle?«

»Sie bewohnt mit ihrer Mutter jene Villa welche dort hinter den Linden hervorblickt.«

»Und wo wohnt Mosjöh le baron?«

»Am Markte bei einem alten, pensionirten Polizeirathe.«

»Charmant, charmant; Mosjöh le baron ist ein Mann sehr klug, sehr klug!«

»Warum?« fragte Winter mit einem Blicke, in welchen sich Befremdung und Spannung spiegelten.

»Ich nicht mein' wegen Wohnung,« verbesserte der Professor, »sondern ich mein wegen Braut. Adieu!«

»Adieu!« grüßte der Essenkehrer und wandte sich zum Gehen.

Wer war der fremde Mann, dessen Auge so stechend blickte und dessen harte, scharfe Stimme so abstoßend wirkte? Warum bemühte er sich, seinen Worten einen französischen Anstrich zu geben, obgleich man jeder Silbe anhören mußte, daß dieser Anstrich nur Maske sei? Warum erkundigte er sich so angelegentlich nach den Vermögensverhältnissen des Barons und seiner Verlobten, und warum - doch das Alles mußte er ja bald erfahren, und so setzte er seinen Weg fort, ohne sich weiter mit Fragen zu quälen.

Zu Hause angelangt, traf er Vorkehrungen, welche schließen ließen, daß er es sich da bequem machen und seine Wohnung heute nicht wieder verlassen wollte. Und wirklich hatte er noch nicht lange in wartender Haltung am Fenster gesessen, so schritt Jemand an demselben vorüber und trat nach einem kurzen Klopfen in das Zimmer.

Es war der Reisegefährte des Professors.

»Grüß Dich Gott, Emil!« rief er und umarmte den Genannten in der herzlichsten Weise. »Ich habe Deinen Brief erhalten und bin Deinem Rufe natürlich so schleunig wie möglich gefolgt.«

»Tausendmal willkommen, mein Herzensbruder! Mutter und Schwestern sind ausgegangen; Du mußt Dich mit ihrer Begrüßung also gedulden. Komm, setze Dich und laß mich vor allen Dingen einige Fragen aussprechen.«

»Frage nur zu!«

»Hast Du Dir Urlaub für den vorliegenden Zweck geben lassen?«

»Daß ich nicht klug wäre. Meine Gesundheit ist seit einiger Zeit sehr angegriffen, und ich habe mir die Erlaubniß zu einer kleinen Erholungsreise geben lassen.«

»Wer war der Mensch, in dessen Gesellschaft ich Dich traf, und warum durfte ich Dich nicht kennen?«

»Das ist wirklich eine eigenthümliche Geschichte, deren Lösung wohl nicht lange auf sich warten lassen wird.«

»Und deren bisherigen Verlauf mir Deine amtliche Verschwiegenheit verheimlichen muß?«

»Bisher war die Sache mein ausschließliches Geheimniß, und ich kenne wirklich keinen Grund, welcher mir verbieten könnte, mit Dir von ihr zu sprechen. Also höre:

Vor einer nicht gar zu beträchtlichen Anzahl von Jahren gab es in Paris eine Falschmünzerbande, deren geheime Schlupfwinkel so verborgen waren und welche die Erzeugnisse ihrer verbrecherischen Thätigkeit mit einer so raffinirten Umsicht zu verbreiten wußte, daß sich die gesammte Polizei lange Zeit vergeblich abmühte, die Thäter zu erfassen und der gerechten Strafe zu überliefern. Besonders waren es Zwei, deren Schlauheit und Geschicklichkeit man diesen Mißerfolg zu danken hatte, und Beide waren Deutsche. Der Eine war ein herabgekommener Sprößling irgend eines alten Geschlechtes, der sich eine problematische Existenz in der Metropole der Civilisation gesucht hatte, und der Andere war ein geschickter Lithograph, dem man die Anfertigung der Platten zuschrieb.

Aber obgleich man die Mitgliedschaft dieser Beiden mit Bestimmtheit behauptete, fand man doch nicht das Geringste, was berechtigt hätte, sich ihrer Personen zu bemächtigen.


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Freilich konnte das nicht lange so fortgehen; einmal mußten sie sich doch, von der Größe ihrer Erfolge kühn gemacht, zu irgend einer Unvorsichtigkeit hinreißen lassen. Und dieser Augenblick kam endlich auch. Alle Glieder der Bande wurden gefangen und verurtheilt, selbst der schlaue Lithograph, und nur der Edelmann entging dem Arme, der sich nach ihm ausstreckte und war trotz der eifrigsten Nachforschungen auch nicht wieder aufzufinden.

Nach einiger Zeit nun verbreitete sich das Gerücht, der Lithograph sei aus dem Vicêtre, wo er inhaftirt war, entsprungen. Es wurde aller Orten nach ihm gefahndet und sogar ein Preis auf seine Attrappirung gesetzt, freilich vergebens. Es war das zu der Zeit, in welcher ich meine Stellung antrat. Wie alle neuen Bürger des heiligen Polizeistaates war auch ich von dem Willen, Alles zu wissen und Alles zu können, erfüllt und warf mich mit einem wahren Heißhunger auf in- und ausländische Novitäten der Sünde und des Verbrechens.

Der angegebene Fall erregte, da er sich auf zwei Deutsche bezog, mein lebhaftes Interesse, und als mir gar auf irgend eine Weise die Photographie des Lithographen zu Gesichte kam, träumte ich fast Tag und Nacht von den Mitteln, welche man anwenden müsse, um seiner habhaft zu werden. Freilich blieb es bei dem bloßen Traume; Du kennst ja meine Stellung. Selbst wenn uns die Sache näher gelegen hätte, wäre ich nicht Derjenige gewesen, den man mit der Lösung einer solchen Aufgabe betraut hätte.

Da kam vor einigen Wochen der Professor in die Residenz, um seine aëronautischen Künste zu produziren. Natürlich gab es da für uns viel zu thun, und es konnte nicht anders sein, als daß der Mann auch mir einmal zu Gesichte kommen mußte. Bei seinem Anblicke nun war es mir sofort, als habe ich ihn irgendwo schon einmal unter ungünstigen Umständen gesehen. Ich sann nach und kam endlich zu der Ueberzeugung, daß er kein Anderer als der Lithograph sei.

Diese Meinung theilte ich natürlich meinem nächsten Vorgesetzten, dem Cousin Eures Polizeirathes mit, wurde aber einfach von ihm ausgelacht. Die Papiere des Mannes befanden sich ja in unserer Hand, und es war nicht das Geringste an ihnen auszusetzen. Seine Aussprache des Deutschen, welche ich zur Begründung meiner Behauptung angeführt hatte, lernte ich erst später kennen, und so fußte mein Verdacht nur auf einer Aehnlichkeit, die noch dazu nur in meinem Gedächtnisse vorhanden war; denn die Photographie war nicht mehr zu haben, und eines unmotivirten Verdachtes wegen nach Paris berichten, das hätte uns die schönste Blamage zuziehen können.

Und doch war ich fest überzeugt, mich nicht geirrt zu haben. Es blieb mir also nichts übrig, als auf eigne Faust zu handeln, und das that ich denn auch. Ich beobachtete ihn unausgesetzt, ohne ihm freilich Gelegenheit zu geben, mich einmal zu erblicken; denn ich konnte ja nicht wissen, ob ich ihm nicht einmal als Unbekannter gegenübertreten müsse. Aber alle meine Aufmerksamkeit war umsonst. Schließlich wurde es gar bekannt, daß er bald die Hauptstadt verlasse, um hierher zu gehen, und so war ich schon bereit, meine Hoffnung aufzugeben.

Da kam Dein Brief und munterte mich wieder auf. Zwar brachte er keine Bemerkung über den Professor; denn der war Euch ja vollständig unbekannt; aber er bestimmte mich doch, hierher zu reisen, und es war mir somit Gelegenheit geboten, meine bisherigen Beobachtungen wenigstens noch eine kurze Zeit fortzusetzen; zugleich erregten mir Deine Mittheilungen, daß der Baron in Paris einst falsche Banknoten ausgegeben habe, den Gedanken an die Möglichkeit, daß dieser Baron jener Edelmann sein könne; denn die Zeitangaben stimmten überraschend zusammen.

Ich ließ mir also wegen meiner angegriffenen Gesundheit einen Urlaub von einigen Wochen geben und reiste ab. Da wirft der Zufall oder das Glück oder wie ich es nennen soll, den Professor in mein Coupée. Ich beschließe sofort, den Umstand zu benutzen, schlage auf den Busch, gebe mich für einen seiner ehemaligen Mitgefangenen aus, mache sein französisches Deutsch lächerlich und bringe ihn auch glücklich zum Geständnisse.

Mit allem Rechte nun könnte ich den Mann jetzt festnehmen lassen; aber das Zusammentreffen mit dein Baron veranlaßt mich, noch zu warten. Meine vorhin gemachten Beobachtungen haben mich vollständig überzeugt, daß der Letztere kein Anderer ist, als jener Falschmünzer, und ich habe die Absicht, durch Ansammlung des nöthigen Materials oder durch Ueberraschung ihn zu überführen und so zwei Fliegen mit einem Schlage zu fangen.

Dem Barone ist die Gegenwart des Professors jedenfalls höchst unwillkommen. Dieser Mensch hat es in der Hand, alle seine Pläne zu durchkreuzen, und Säumen wird sich also durch Zugeständnisse aus seiner Abhängigkeit befreien müssen. Es gilt deshalb, die beiden Männer unausgesetzt zu beobachten, und dazu hat mir der Professor die schönste Gelegenheit an die Hand gegeben. Ich bin nämlich von ihm als Gehilfe engagirt.«

»Als Gehilfe! Wie kommt der Mensch denn zu dieser Dummheit?«

»Auf dem allereinfachsten Wege. Er hält mich für einen ehemaligen Mitgefangenen, der entsprungen ist, wie er. Nach seiner Meinung habe ich ihn also ebenso in der Hand, wie er den Baron, und um meiner so viel wie möglich sicher zu sein, hat er mich an sich gebunden.«

»Eine gefährliche Sache.«

»Ich unterschätze die Gefahr auch nicht, zumal ich gewisse Blicke bemerkt habe, die mir nichts Gutes weissagen. Doch bin ich wohl gewappnet und kenne meine Leute, während der Professor von mir vollständig irre geleitet ist. Vor allen Dingen ist es nothwendig, daß wir und Deine Freunde uns nicht kennen. Trotzdem aber müssen wir immer Fühlung behalten; denn es könnte leicht kommen, daß Eure Hilfe nöthig wäre.«

»Auf uns kannst Du Dich verlassen. Aber wie kommt es, daß Du so bald zu mir kommen konntest, obgleich der Professor Dich jedenfalls sehr im Auge behalten wird?«

»Er hatte natürlich nichts Notwendigeres zu thun, als den Baron aufzusuchen, um mit diesem in's Reine zu kommen, und so habe ich Gelegenheit gehabt, Dir meinen Besuch zu machen.«

»Willst Du Thomas sprechen?«


Ende des achten Teils – Fortsetzung folgt.



Karl May: Wanda