Nummer 35 | Der Beobachter
an der Elbe. Unterhaltungsblätter für Jedermann. Verlag von H. G. Münchmeyer in Dresden. 2. Jahrg. Wanda. Novelle von Karl May. |
30. Juni 1875 |
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»Gewiß. Es wird in der Hauptstadt verlegt, und der Herausgeber ist mir sogar einigermaßen befreundet.«»Dann werden Sie wissen, daß es in seinen bisherigen Jahrgängen zu den erwähnten mittelmäßigen Journalen zu zählen war. Seit aber jener Unbekannte seine Beiträge liefert, ist es in die Reihe unserer ersten periodischen Schriften getreten und die Zahl seiner Abonnenten hat sich um das Doppelte vermehrt. Seine Arbeiten nehmen mein höchstes Interesse in Anspruch.«
»Dieses Interesse würde sich bedeutend abkühlen, wenn Sie Gelegenheit hätten, den Autor zu kennen.« »In wiefern?« »Ja, es ist sogar möglich, daß Sie ihn gesehen haben, freilich ohne einen Schriftsteller von der Bedeutung, wie Ihre Güte sie ihm gibt, in ihm zu vermuthen. Ich muß offen gestehen, daß ich seiner Schreibweise nicht huldige.« »Ihn gesehen haben?« fragte Wanda mit unverkennbarer Hast, und selbst die Baronin richtete einen raschen Blick auf den Sprecher. »Darf ich bitten, wo?« »Wo anders als hier; denn ein Essenkehrer kann den Muth, mit dem Machwerke seines Gänsekieles an die Oeffentlichkeit zu treten, nur dann haben, wenn ihm die Abgeschlossenheit eines Landstädtchens nicht erlaubt hat, zu der Erkenntniß zu kommen, daß Feueresse und Buchdruckerpresse zwei sehr verschiedene Dinge sind, trotzdem sich die beiden Worte reimen.« »Ein Essenkehrer? Und hier? Wir haben nur einen.« »Der Mann heißt, glaube ich, Winter.« »Es ist derselbe, welchen ich rieth. Aber wie ist das Geheimniß Ihnen offen geworden? Die Redaktion darf doch unmöglich indiskret sein.« »Ich könnte jetzt meiner polizeilichen Allwissenheit eine Lobrede halten; aber die Wahrheit ist, daß ich den Mann vor einigen Wochen im Redaktionsbureau traf, wo ich zufälliger Weise eine Erkundigung einzuziehen hatte. Dabei gab mir eine nebenbei gehörte Aeußerung die Wissenschaft, welche ich jetzt Ihnen zur Verfügung stelle.« »Ist es der Herr, welcher soeben eingetreten ist und sich dort nach einem Platze umsieht?« »Ja, der ist es; eine Physiognomie wie die seinige ist nicht zu verkennen.« »Bitte, Herr Winter, treten Sie zu uns; es ist ja wohl sonst kein Raum vorhanden.« Und die beiden Herren einander vorstellend, fügte sie hinzu: »Es ist mir angenehm, Zeuge der Erneuerung Ihrer Bekanntschaft zu sein!« Nach einigen durch die letztere Bemerkung veranlaßte Fragen entwickelte sich ein Gespräch, dessen Thema zu schwierig war, als daß der Kommissär ihm zu folgen vermocht hätte. Während er deßhalb mit vornehm gelangweilter Miene, als bewege sich die Conversation auf einem ihm zu alltäglichen Felde, dasaß, glänzte auf den Wangen des Mädchens die Freude über den seltenen Genuß, welchen das gesellschaftliche Talent des Schornsteinfegers ihr gewährte, und als der Baron kam und sie ihn begrüßte, geschah es mit einer Kälte, welche seinem Kommen sehr deutlich den Charakter einer unwillkommenen Störung auferlegte. Es war ein seltsamer Blick, welchen Winter ihm zuwarf, ein Blick, so tief forschend, als gälte es, die tiefste Seele dieses Mannes zu ergründen. Und dieser Blick hatte seine volle Berechtigung, denn kurze Zeit vorher hatte Emil Gelegenheit gehabt, den Anfang eines Gespräches zu belauschen, welches ihm von außerordentlichen Bedeutung sein mußte. Er hatte im Hause des Polizeirathes eine Esse zu reinigen, welche in das Kamin des Zimmers mündete, in welchem der Baron seine Besuche zu empfangen pflegte. Kaum in derselben angekommen, hatte er ein sehr lautes Sprechen vernommen und dabei den Namen Wanda von Chlowicki gehört. Leise hatte er sich bis zur Höhe des Rauchfanges herunter gelassen und war dann Zeuge folgender Unterredung geworden: »Du hast ja damals den Löwenantheil gezogen!« »Der mir aber von Seiten der liebenswürdigen Frau Justiz wieder abgenommen worden ist. Uebrigens warst Du nicht weniger bedacht, als ich. Ich weiß genau, wie viel Platten ich abgezogen habe und werde mir also nicht weiß machen lassen, daß Du den Großmüthigen gespielt hast. Und wenn Du bedenkst, daß Du mit dem Deinigen glücklich entkommen bist, so wirst Du mein Verlangen nach einer kleinen Unterstützung nicht ungerecht finden. In welch' einer pecuniären Lage Du Dich gegenwärtig befindest, kann ich allerdings nicht wissen, da ich unklar bin, sowohl über die Verhältnisse des Säumen, als auch über die Art und Weise, wie Du zu diesem Namen gekommen bist, aber ein Baron gebietet ganz sicher über die Möglichkeit, mit einigen tausend Thälerchen die fortgesetzte Freundschaft und Verschwiegenheit eines ehemaligen Kameraden zu belohnen.« »Wo denkst Du hin! Unser damaliges Verhältniß wurde unter allseitiger Zufriedenstellung aufgelöst. Keiner war dem Andern Etwas schuldig, und wenn ich meinen Antheil mit mehr Glück verwendet habe als Ihr, so liegt doch darin für Dich keine Berechtigung zu Ansprüchen, welche Du wiederholt erheben würdest, wenn ich mich nur ein einziges Mal verleiten ließe, auf ihre Befriedigung einzugehen.« »Ansprüche? Fällt mir gar nicht ein! Ich beabsichtige Nichts, als eine einfache Bitte auszusprechen, welche Du mir erfüllen wirst, wenn Du die Klugheit noch besitzest, welche wir früher an Dir kannten und rühmten.« »Klugheit? Soll in diesem Worte vielleicht eine Drohung liegen?« »Wie Du es nimmst. Ich brauche Geld, und Du wirst es schaffen, freiwillig oder gezwungener Weise.« »Pah; ich fürchte mich nicht. Du vergissest, daß Du ebenso in meiner Hand bist, wie ich in der Deinigen.« »Und doch ist das Verhältniß ein anderes. Ich bin ein armer Teufel, der sich von der Schaulust der Menge// 559 //
ernähren läßt, also nichts Anderes und Besseres als ein gewöhnlicher Guckkastenmann; Du aber bist Baron, gebietest über Millionen und stehst im Begriffe, dieses Vermögen durch eine reiche Heirath noch zu vervielfältigen.«
»Ach so; Du lügst! Oder sagtest Du vorhin nicht, daß meine Beziehungen Dir unbekannt seien?« »In diesem Sinne ist jede Prüfung eine Lüge. Also, mache es kurz, damit wir aus dem Unerquicklichen herauskommen. Giebst Du Etwas und wie viel?« Hier erfolgte eine Pause, während welcher der Lauscher den Baron im Zimmer auf und abgehen hörte. Nach langem Schweigen nahm dieser endlich das Wort: »Ich kenne Dich und weiß, daß Du immer wiederkommen wirst, um zu pressen, bis ich selbst Nichts mehr habe. Deßhalb wirst Du nicht eher Etwas von mir bekommen, als bis ich die Gewißheit habe, daß ich Dich für immer los bin.« »Und wie willst Du Dir diese Gewißheit verschaffen?« »Dadurch, daß ich Dir einen auf Amerika oder Australien lautenden Wechsel gebe.« »Einverstanden!« lachte der Andere. »Freilich hoffe ich dann, daß die Höhe der Summe eine solche ist, daß sich das Auswandern lohnt und ich gegen Eventualitäten geschützt bin.« »Ich zeichne freiwillig fünf Tausend Thaler.« »Einverstanden; denn Du meinst doch jedenfalls als Abschlagszahlung, während ich das Uebrige in Sidney oder New-Orleans erhalte.« »Wo denkst Du hin! Fünf Tausend sind ein Capital.« »Aber höchst unzulänglich, ebenso wie Deine ganze so ängstliche Vorsichtigkeit. Glaubst Du mich wirklich auf diese Weise für immer los zu werden? Kann ich den Wechsel nicht verkaufen oder nach der Einlösung desselben wiederkommen? Die einzige Sicherheit liegt in einer anständigen Abfindungssumme und in dem Vertrauen auf mein Wort. Du weißt, daß ich dasselbe niemals breche.« »Wie viel verlangst Du?« »Zahle fünf und zwanzig statt fünf, und Du wirst nie wieder Etwas von mir hören oder sehen.« »Kerl, Du bist verrückt!« »Und Du bist unklug und knauserig. Ein kleines Wörtchen von mir bringt Dich um Dein Baronat und auf das Schaffot. Wähle!« Wieder erfolgte eine Pause, und dann klang es in gedämpfterem Tone: »Wenn ich eine solche Summe zahle, will ich dafür auch etwas Positives sehen!« »Sprich! Kann ich Dir einen Dienst leisten, der mich nicht in Gefahr bringt, so wird es sicher geschehen.« »Dann muß ich Dir einige offene Mittheilungen machen, aus deren Charakter Du schließen kannst, in wie weit ich Dir vertraue.« »Allerdings können wir nur durch gegenseitiges Vertrauen in Frieden und Einigkeit auseinander kommen.« »Also höre. Wie ich ein Baron Säumen geworden bin, das gehört nicht hierher und wird Dir auch gleichgültig sein. Nach einem alten Familienübereinkommen nun bin ich gezwungen, die Baronesse von Chlowicki zu heirathen, wenn ich in den Besitz ihres Vermögens kommen will. Da mir aber an dieser Verbindung außerordentlich wenig gelegen ist, so habe ich schon längst, aber freilich vergebens, nach einem Mittel gesucht, in den Besitz dieses Vermögens zu kommen, ohne die mir unangenehme Person des Mädchens mit dreinnehmen zu müssen.« »Du verräthst einen über alle Maßen schlechten Geschmack! Tausende würden sie auch ohne ihr Geld nehmen.« »Ich habe natürlich sehr triftige Gründe, mich in dieser Angelegenheit nicht von einem schönen Gesichtchen beeinflussen zu lassen. Kurz und gut, mein Nachdenken ist vergebens gewesen, und der einzige, kleine Versuch, den ich in dieser Beziehung unternahm, hatte unglücklicher Weise keinen Erfolg.« »Wenn Du schon einen Versuch gemacht hast, so mußt Du Dir doch über den einzuschlagenden Weg klar sein.« »Gewiß. Es giebt eine Bestimmung, nach welcher der Ueberlebende von uns Beiden in das vollständige Erbe des Verstorbenen tritt.« »Ah,« dehnte der Andere. »Und der Versuch, von welchem Du sprachst?« »Gehört nicht hierher. Du kennst jetzt den Weg, welchen ich einzuschlagen habe. Willst Du mir behülflich sein?« »Für fünf und zwanzig Tausend? Wenig genug im Verhältnisse zu dem, was Du gewinnst. Doch mag es sein; aber unter der Bedingung, daß Du sofort baar zahlst.« »Und Du dann verschwindest und dich nicht wieder sehen lässest?« »Zugestanden! Erkläre Dich nun weiter.« »Rücke näher; man kann nicht vorsichtig genug sein, wenn es sich um solche Dinge handelt.« Das Gespräch wurde in einem so leisen Tone fortgesetzt, daß es Wintern nicht möglich war, etwas Weiteres zu vernehmen, und nur als sich die beiden nach beendigter Unterredung erhoben, hörte er die letzten, verabschiedenden Worte: »Also ich kann mich auf Dich verlassen?« »Fest und sicher.« »Gut. Die Polin ist mit ihrer Mutter in den Conzertgarten gegangen. Ich werde sie aufsuchen, um die ersten einleitenden Schritte zu thun. Leb' wohl für jetzt!« »Leb' wohl, und mache Deine Sache gut!« »Habe keine Sorge! Ich kenne sie zu gut, um nicht zu wissen, daß sie sofort anbeißen wird.« »Wenn Du Deiner Sache so gewiß bist, so wirst Du es mir wohl nicht verdenken, daß ich der meinigen auch gern sicher sein möchte. Dort hast Du das Schreibgeräth; bitte, bringe unser Uebereinkommen zu Papier.« »Zu Papier? Du bist wohl nicht bei Sinnen!« »Grad weil ich sehr bei Sinnen bin, spreche ich diesen Wunsch aus. Es giebt der Fälle, in denen ich meine Dienste für Nichts geleistet habe, zu viele, als daß ich nicht gelernt hätte, vorsichtig zu sein. Ein schriftliches Zugeständniß von Deiner Hand, welches in klaren Worten Arbeit und Lohn feststellt, wird uns Beiden Sicherstellung gewähren; ohne ein solches nehme ich mein Wort zurück.« »Du bedenkst nicht, daß Dein Verlangen uns in die größeste Gefahr bringen kann.« »Nur in dem Falle, daß Du Dein Wort nicht hältst. Also schreibe.« »Ich thue es nicht; Du handelst unüberlegt.« »Und Du unehrlich.« »Von Dir will ich dieses Wort leiden.« »Von Andern nicht? Vielleicht kommst Du doch einmal in die Lage, es ruhig anhören zu müssen.« »Du drohst schon wieder?« »Nein, aber Du hast mich zu tief in Deine Karten sehen// 560 //
lassen, um jetzt zurücktreten zu können. Doch will ich Dich nicht drängen. Ueberlege Dir meinen Wunsch und gieb mir morgen Antwort.« Mit diesen Worten entfernte sich der Sprecher, in welchem Winter durch die geöffnete Luke dem Professor erkannte. Was Winter gehört, erfüllte ihn mit der ernstesten Besorgniß, und diese Besorgniß war desto größer, je unklarer er über Dasjenige geblieben war, was die beiden Menschen vorhatten. Es galt jetzt, so schleunig wie möglich das Conzert zu besuchen, um Zeuge der erwähnten einleitenden Schritte zu sein und aus ihnen auf das Vorhaben zu schließen. Er eilte deßhalb nach Hause und befand sich, wie wir gesehen haben, noch vor dem Barone in dem Garten, wo er glücklicher Weise an die Seite Wanda's gerufen wurde und also die beste Gelegenheit hatte, Säumen zu beobachten. Freilich führte diese Beobachtung zu keinem Resultate. Der Eifer, mit welchem die Polin auf die geführte Unterhaltung einging, erlaubte dem Barone nicht, die beabsichtigte Angelegenheit zur Sprache zu bringen, und als man endlich aufbrach, blieb sie mit ihrer Mutter so beharrlich an der Seite des Essenkehrers, daß Säumen sich gezwungen sah, mit dem Kommissar Hagen hinterher zu gehen und eine andere Gelegenheit abzuwarten. Der Weg führte durch die außerhalb der Stadt liegenden Promenaden, welche in dieser Stunde von zahlreichen Fußgängern besucht wurden. Noch waren sie nicht lange Zeit in dieselben eingebogen, so begegneten sie zwei Männern, welche mit höflichem Gruße auf den Baron zutraten. Es war der Professor mit seinem neu engagirten Gehülfen, welche Säumen sofort den Damen vorstellte. Er bemerkte den fragenden Blick nicht, den der Commissar Hagen auf seinen Untergebenen, der ihm hier ganz unerwartet in einer neuen Stellung entgegentrat, warf und der mit einem bedeutungsvollen Augenzwinkern beantwortet wurde. Wanda ersuchte den Aeronauten, sich der Gesellschaft anzuschließen, war bald in ein lebhaftes Gespräch mit ihm verwickelt und schlug, als sie erfuhr, daß er bei dem projectirten Aufsteigen einige Passagiere mitzunehmen beabsichtige, vor Freuden die kleinen Händchen zusammen. »Mama, ich werde diese schöne Gelegenheit benutzen und mir unser Städtchen einmal aus der Vogelperspective betrachten!« »Kind, wo denkst Du hin! Ein solches Wagniß werde ich nimmermehr gestatten.« »Wagniß? Ich glaube, daß von einem solchen nicht im Mindesten die Rede sein kann. Wieviele Male sind sie schon aufgestiegen, Herr Professor?« »Vielleicht vierzig bis fünfzig Male, Mademoiselle.« »Und sind nie dabei verunglückt?« »Nie. Bei gehöriger Vorsicht und genauer Kenntniß dessen, was zu wissen nothwendig ist, kann man stets eine glückliche Fahrt garantiren.« »Hörst Du, Mama? Deine Befürchtungen sind also unbegründet, und Sie werden die Güte haben, Herr Professor, mir den ersten Platz zu reserviren.« »Wir werden über diese Sache sprechen, Kind. Ein Entschluß, wie Dein gegenwärtiger, darf nur nach reiflicher Ueberlegung gefaßt werden.« »Auch ich,« fiel hier Säumen ein, »möchte Dich ersuchen, von Deinem Vorhaben abzusehen. Du weißt wohl nicht recht, was Du wagst, und ich hege die Ansicht, daß man dergleichen Kühnheiten nur Männern überlassen muß.« Seine Worte schienen allerdings eine Besorgniß auszusprechen; aber der wegwerfende Ton, mit welchem er den letzten Satz aussprach, schien die Folge einer berechnenden Absicht zu sein; denn als das Mädchen ihn sofort mit einem geringschätzenden und herausfordernden Blicke musterte, zuckte ein Lächeln der Befriedigung um seine schmalen, erwartungsvoll zusammengekniffenen Lippen. »Ich werde Dir beweisen, daß diese Ansicht eine sehr veraltete und unbegründete ist,« erwiederte sie mit scharfem Tone. »Leider ist das Vorurtheil, welches ihr starken Leute gegen uns schwachen Geschöpfe hegt, nur durch Thaten, die angeblich unser weibliches Zartgefühl compromittiren, zu besiegen, und wie ich jetzt eben wieder gehört habe, ist mein öfteres Ignoriren dieses Gefühles bisher in Beziehung auf Dich vergeblich gewesen.« Während dieses kleinen Wortgefechtes war der Gehülfe auf einen Wink Hagens zurückgeblieben, um sich von diesem zur Rede stellen zu lassen. »Sie reisten ab, Herr Winter, angeblich aus Gesundheitrücksichten.« »Allerdings. Wollen Sie mich verantwortlich für den Zufall machen, der mich zu einer halb und halb amtlichen Aufmerksamkeit zwingt?« »Erklären Sie sich näher über diesen Zufall!« »Ich kam während der Bahnfahrt mit dem Professor zusammen und glaubte, von ihm über eine That, deren Urheber wir vor Jahren vergebens zu entdecken suchten, Aufschluß erhalten zu können. Deßhalb ließ ich mich von ihm engagiren und werde unser jedenfalls nur kurzes Beisammensein für den angeblichen Zweck auszunutzen suchen.« »Welche That meinen Sie?« »Den geheimnißvollen Mord im Hotel zum goldenen Löwen.« »Ah! Sie sind auch jetzt noch nicht von den phantastischen Anschauungen geheilt, welche Sie damals hegten?« »Allerdings nein! Im Gegentheil bin ich fest überzeugt, daß diese Anschauungen mich zum Ziele führen werden.« »Dann gratulire ich Ihnen im Voraus,« meinte Hagen in einem Tone, in welchem Zweifel und feindselige Gesinnung sich geradezu herausfordernd aussprachen. Und als sein Untergebener ihm nur mit einem gelassenen und überlegenen Lächeln antwortete, fuhr er fort: »Darf ich fragen, in welcher Beziehung der Professor zu der erwähnten That steht?« »Allerdings ist diese Frage gestattet, Herr Commissar, aber die Antwort wird erst in späterer Zeit erfolgen dürfen.« »Sie vergessen, daß ein Vorgesetzter nur in der Absicht, eine sofortige Antwort zu erhalten, seine Fragen an den Untergebenen richtet.« »Vergeßlichkeit gehört glücklicher Weise nicht zu meinen überhaupt höchst anspruchslosen Eigenschaften. Deßhalb sollte es mich wundern, wenn ich übersehen hätte, daß ich mich jetzt auf Ferien befinde und von einer dienstlichen Auseinandersetzung also keine Rede sein kann.«Ende des zehnten Teils – Fortsetzung folgt.