Nummer 13 | Deutsches
Familienblatt. Wochenschrift für Geist und Gemüth. 1. Jahrg. Redaction, Druck und Verlag von H. G. Münchmeyer in Dresden, Jagdweg 14. Old Firehand. von Karl May. |
27. November 1875 |
// 204 //
Vor die Thür tretend, bemerkte ich Ellen, welche am Eingange der Schlucht unsrer wartete. Sam nahm einige zusammengebundene Fallen auf, warf sie über die Achsel und schritt, ohne sich zu überzeugen, daß ich ihm auch nachfolge, auf die unsrer Harrende zu.// 205 //
merksamkeit auf ein ungewöhnlich großes Exemplar gerichtet,
welches in wachsamer Haltung auf dem Damme saß und allem Augenscheine nach
als Sicherheitsposten fungirte. Da plötzlich spitzte der dicke Kerl die
kurzen Ohren, machte eine halbe Drehung um seine eigene Achse, stieß den
schon erwähnten Warnungsruf aus und war im nächsten Augenblicke unter dem
Wasser verschwunden.
Im Nu folgten die Andern nach, und es war höchst posierlich zu sehen, wie
sie beim Untertauchen den Hinterkörper in die Höhe warfen und der
Wasserfläche mit dem platten Schwanze einen Schlag versetzten, daß es
weithin schallte und das Wasser hoch in die Höhe spritzte.
Freilich war es nicht Zeit, sich humoristischen Betrachtungen hinzugeben;
denn diese unerwartete Störung konnte blos durch das Nahen eines
feindlichen Wesens hervorgerufen worden sein, und der größte Feind dieser
friedlichen und so sehr gesuchten Thiere ist - der Mensch.
Noch war deßhalb der letzte der Biber nicht unter der Wasserfläche
verschwunden, so lagen wir schon, die Waffe in der Hand, unter den tief
herabhängenden Zweigen einiger Pinien und erwarteten mit Spannung das
Erscheinen des unwillkommenen Gastes. Nicht lange dauerte es, so bewegten
sich eine Strecke aufwärts von uns die Spitzen des Röhrichts, und nur
wenige Augenblicke später sahen wir zwei Indianer schleichenden Schrittes
am Ufer herabkommen. Der Eine hatte mehrere Fallen über der Schulter
hangen; der Andere trug eine Anzahl Felle, beide aber waren vollständig
bewaffnet und beobachteten eine Haltung, welcher man es anmerkte, daß sie
sich in Feindesnähe wußten.
»Zounds!« zischte Sam durch die Zähne; »sind die Schurken über unsre
Fallen gerathen und haben geerntet, wo sie nicht gesät haben, wenn ich
nicht irre. Wart, Ihr Hallunken, meine Liddy hier mag Euch sagen, wem die
Eisen gehören und die Pelze!«
Er nahm die Büchse langsam auf und machte sich schußfertig. Ich traute
wirklich dem alten Kanonenrohre keinen nur einigermaßen leidlichen Schuß
zu und war auch von der Nothwendigkeit, die beiden Rothhäute ohne Lärmen
niederzustoßen, so sehr überzeugt, daß ich den alten Trapper am Arme
faßte. Auf dem ersten Blicke hatte ich bemerkt, daß es Ogellalla's seien,
und die schwarze Tätowirung ihres Gesichtes gab mir die Gewißheit, daß sie
sich nicht auf einem Jagdzuge, sondern auf dem Kriegspfade befanden. Sie
waren also nicht allein in der Nähe und jeder Schuß konnte ihnen Helfer
oder doch wenigstens Rächer herbeirufen.
»Nicht schießen, Alter! Nehmt das Messer. Sie haben den Kriegspfeil
ausgegraben und sind also wohl nicht nur zu Zweien.«
Der kleine, schießlustige Mann sah mich mit einer eigenthümlich
zweifelhaften Miene an und entgegnete:
»Das sehe ich natürlich auch, sollte ich meinen, und freilich ist es
besser, sie im Stillen auszulöschen; aber mein alter 'Kneif' (Messer) ist
zu sehr abgeschliffen, als daß er sich durch zwei solcher Männer
hindurchbeißen könnte.«
»Pah! Ihr nehmt den Einen und ich den Andern; come on!«
»Hm! Viere von unsern besten Fallen; kostet jede drei ein halb Dollars.
Würde mich freuen, wenn sie zu den gestohlenen Häuten noch ihre beiden
eigenen Felle hergeben müßten, meine ich; aber wenn Euch eins von ihren
Messern in die Seele fährt, Sir, dann habt Ihr Eure letzten Boudins
gegessen, wenn ich mich nicht irre!«
»Vorwärts, Mann, ehe es zu spät ist!«
Die beiden Indianer standen jetzt, von uns abgewendet, grad vor uns und
suchten nach Fußspuren im Boden. Leise, leise schob ich mich, die Büchse
zurücklassend und das Messer zwischen die Zähne nehmend, vorwärts. Da
flüsterte es ängstlich ganz nahe an meinem Ohre:
»Bleibt, Sir! Ich werde es an Eurer Stelle thun.«
»Danke, Miß Ellen! Das ist keine Frauenarbeit.«
»So wollen wir in das Lager zurückkehren und -«
Ich hörte die weiteren Worte nicht mehr, denn schon hatte ich den Rand des
Gebüsches erreicht, sprang empor, hatte im nächsten Augenblicke den mir am
Nächsten Stehenden der Indianer mit der Linken beim Nacken und stieß ihm
mit der Rechten das Messer zwischen die Schultern, daß er sofort lautlos
zusammenbrach. Rasch drehte ich mich mit der wieder zurückgezogenen Klinge
zu Seite, um nöthigenfalls den Andern auch zu nehmen; aber auch dieser lag
auf der Erde und Sam stand mit ausgespreizten Beinen über ihm, hatte sich
die lange Scalplocke um die Linke gewickelt und zog ihm die
losgeschnittene Kopfhaut vom Schädel.
»So, mein Junge; nun kannst Du in den ewigen Jagdgründen so viel Fallen
stehlen, wie es Dir beliebt, wenn ich nicht irre; aber die unsrigen wirst
Du dort nicht gebrauchen können.«
Und den blutenden Scalp im Grase abwischend, fügte er mit kurzem Lachen
hinzu:
»Das eine Fell haben wir, und das andere - aber by god, Sir, Ihr habt
einen sichern Stoß und dazu das Herz grad richtig unter dem
Pfeifenfutterale. Hätt's nicht gedacht, meine ich, saht mir so - so - so
unverheirathet aus. Aber wollt Ihr Euch nicht Euren Scalp nehmen?«
»Meinen Scalp, Sam? Den werde ich am Liebsten da behalten, wo er
mir angewachsen ist.«
»Gut, gut, Sir; seid der rechte Mann, laßt Euch den Humor durch den Geruch
eines Tropfens Indianersaft nicht verderben. Meinte aber dieses Rattenfell
hier. Wollt wohl mir es lassen?« setzte er schmunzelnd hinzu.
»Kann es nicht gebrauchen. Nehmt es!«
»Danke, Sir, danke. Macht mir das größeste Gaudium, einen solchen Schnitt
thun zu können, meine ich. Habe auch Grund dazu. Da seht her!«
Er riß sich den traurigen Filz vom Kopfe und zog dabei die eigene,
langhaarige Haut mit ab. Ich erschrak fast über den Anblick, welchen der
kahle, blutigrothe Schädel bot.
»Was sagt Ihr dazu, Sir, wenn ich mich nicht irre? Hatte meine Haube von
Kindesbeinen an ehrlich und mit vollem Rechte getragen und kein Lawyer
(Advocat) hat es gewagt, sie mir streitig zu machen, bis so ein Dutzend
oder zwei Pawnce's um mich waren und mir die Haare nahmen. Bin dann nach
Tekama gegangen und habe mir dort eine neue Haut gekauft. Nannten es eine
Perücke und kostet mich zwei dicke Bündel Biberfelle, meine ich. Schadet
aber Nichts; denn die neue ist zuweilen pracktischer als die alte,
besonders im Sommer; kann sie abnehmen, wenn mich schwitzt. Aber trotzdem
hat manche Rothhaut dafür untergehen müssen und ein Scalp macht mir mehr
Vergnügen als der feinste Dickschwanz.«
Während dieser Worte hatte er sich Hut und Perücke wieder aufgestülpt und
den zweiten Indianer die Kopfhaut
// 206 //
genommen. Der alte Mann war von mir unterschätzt worden. Er
war trotz seiner unansehnlichen Gestalt eine jener eisernen, im Kampfe mit
den Elementen und in tausenderlei Gefahren gestählten Naturen, wie sie der
Westen so zahlreich bietet. Und als er unter derb scherzenden Worten aber
mit von Haß und Grimm verzerrten Zügen und wuthblitzenden Augen sich über
die Leiche beugte und raschzuckenden Schnittes mit dem Messer um Stirn und
Schläfe derselben fuhr, machte er auf mich den Eindruck der wildesten
Unversöhnlichkeit.
Ich wandte mich ab, von jenem vor mir selbst grauenden und der Reue
ähnlichen Gefühle erfüllt, welches in den Herzen aller Derer wohnen
sollte, welche die stolzen Nationen der amerikanischen Savannen
heimathslos und vogelfrei erklärt mit Gift, Feuer und Schwert gelichtet
und zwischen die Cannons der Felsengebirge getrieben haben, wo ihnen nur
die Wahl bleibt, ruhm- und ehrlos hinzusterben oder mit kämpfender Hand
den Todtesstoß zu empfangen.
Vor mir stand Ellen. Ihr Auge ruhte mit einem Blicke auf den beiden
entseelten Körpern, der mich durchfröstelte und von ihr abstieß, und erst
nach und nach, als sie es zu mir erhob, bekam es einen freundlicheren
Ausdruck.
»Warum nahmt Ihr den Scalp nicht für Euch, Sir?« fragte sie. »Habt schon
Winnetou einen gelassen.«
Von einem weiblichen Wesen ausgesprochen, war mir diese Frage vollständig
unbegreiflich und ich antwortete deßhalb auch nur mit einem Blicke des
Erstaunens. Auch war hier der Ort gar nicht zu zartsinnigen Bemerkungen;
denn hinter jedem Baume konnte die Sehne eines Bogens schwirren oder der
Hahn einer Büchse knacken, und es war vor allen Dingen nothwendig, das
Lager zu alarmiren und die Jäger auf die Nähe der Indianer aufmerksam zu
machen.
»Greift zu, Sam; wollen die Indsmen unsichtbar machen.«
»Habt Recht, Sir! Ist nothwendig das, meine ich. Aber die kleine Miß mag
doch ein Wenig hinter die Büsche treten; ich wette meine Moccassins gegen
ein Paar Balletschuhe, daß es in kurzer Zeit hier rothe Männer geben
wird.«
Sie folgte der Warnung des Alten, und ich verbarg mit seiner Hülfe die
Leichen, welche wir vorsichtiger Maßen nicht in das Wasser stoßen durften,
unter das Uferschilf. Als wir damit fertig waren, meinte Hawkens:
»So, das wäre gethan, und nun geht Ihr mit der kleinen Miß nach der
'Festung' und warnt unsre Leute, während ich diese Spuren zurückgehen
werde, um Etwas mehr zu erfahren, als die beiden Braunen uns gesagt haben,
scheint es mir.«
»Mögt nicht lieber Ihr zum Vater gehen, Sam Hawkens?« fragte Ellen. »Ihr
versteht besser mit den Fallen umzugehen und vier Augen sehen mehr als
zwei.«
»Hm! Wenn die kleine Miß es nicht anders will, so muß ichs schon thun,
meine ich; aber wenn 'der Stock anders schwimmt', als sie es jetzt denkt,
so mag ich nicht die Schuld haben.«
»Habt sie auch nicht, Alter! Wißt schon, daß ich nicht gern etwas Andres
thue, als was mir beliebt. Eure zwei Scalps habt Ihr; muß sehen, daß ich
mir mein Theil auch hole. Kommt, Sir!«
Sie ließ den kleinen Trapper stehen und wandt sich durch das Dickicht
weiter vorwärts. Ich folgte ihr.
Obgleich es die Umstände erforderten, daß ich meine volle Aufmerksamkeit
auf die Umgebung richtete, konnte ich doch nicht umhin, an das Verhalten
des Mädchens zu denken, welche mit der vollständigen Gewandtheit eines
erfahrenen Waldläufers sich geräuschlos durch das Gestrüpp arbeitete und
in jeder ihrer Bewegungen ein Bild der angestrengtesten Vorsicht bot.
Es war gar nicht anders möglich, sie mußte schon von Jugend auf mit dem
Leben im »Jagdlande« vertraut sein, mußte Eindrücke empfangen haben,
welche ihre Sinne geschärft, ihr Gefühl gehärtet und dem Laufe ihres
Schicksales eine so ungewöhnliche Richtung gegeben hatten. Aber trotz
alledem wirkte die vorhin gezeigte Nervenstärke fast erkältend auf mich,
und die Glorie, mit welcher meine Erinnerung ihr Bild umgeben hatte, ward
von der rauhen, rücksichtslosen Wirklichkeit verdunkelt.
Die Angst, welche sie vorhin gezeigt, als ich im Begriffe stand, mich auf
den Indianer zu stürzen, hätte mich in anderer Lage beseligen können; aber
die dabei ausgesprochenen Worte »ich werde es an Eurer Stelle thun« mußten
mir die Ueberzeugung geben, daß sie mit ruhigem Blute und ohne zaghaftes
Bedenken ein Menschenleben zu zerstören vermöge, und ich konnte die
Ansicht nicht von mir weisen, daß Büchse und Messer in den Händen des
Mannes Waffen, in denen eines Weibes aber Mordinstrumente seien.
Wohl beinahe eine Stunde lang waren wir ununterbrochen vorwärts gedrungen,
als wir an eine zweite Biberkolonie kamen, deren Bewohner aber nicht
außerhalb ihrer Wohnungen zu erblicken waren.
»Hier hatten wir die Fallen gestellt, welche wir den Rothhäuten wieder
abgenommen haben, Sir, und weiter droben theilt sich der bee-fork ab, wo
wir ursprünglich hin wollten. Doch wirds wohl anders kommen; denn, seht,
die Spuren laufen nach dem Walde, aus welchem sie gekommen sind. Wir
müssen sie verfolgen.«
Sie stand im Begriffe, weiter zu gehen, als ich sie zurückhielt.
»Miß Ellen!«
Sie blieb stehen und sah mich fragend an.
»Wollt Ihr nicht lieber umkehren und das Andre mir allein überlassen?«
»Wie kommt Ihr auf diesen Gedanken?«
»Kennt Ihr die Gefahren, welche unsrer da vorn vielleicht warten?«
»Warum sollte ich nicht? Sie können unmöglich größer sein als diejenigen,
denen ich schon getrotzt und die ich überwunden habe.«
»Ihr müßt Euch erhalten!«
»Das will und das werde ich ja auch. Oder glaubt Ihr etwa, daß mich der
Anblick eines bunt bemalten Mannes zu erschrecken vermöge?«
»Ich wollte, es wäre so!«
»Wirklich?«
Sie sprach das Wort langsam und gezogen aus, und ihre Auge ruhte mit
forschendem Blicke auf meinem Angesichte. Aber ich sah ein leises und nach
und nach sich immer mehr vertiefendes Roth in ihre Wangen steigen und
wußte nun, daß sie mich verstanden hatte.
Ihr Auge suchte den Boden, und ich bemerkte deutlich, daß sie mit ihren
Gefühlen kämpfte.
»Ist ein weibliches Wesen hassenswerth, wenn es Dasselbe thut, was sonst
nur dem Manne gestattet ist?«
»Hassenswerth, nein,« antwortete ich, die beiden
// 207
ersten Sylben betonend; »aber der Haß ist nicht das Einzige, was man gewöhnlich zu vermeiden strebt.«// 208 //
als ich ein leises Klirren vernahm, welches hinter einem dichten Gebüsch
wilder Kirschenstämmchen hervorklang.
Ellen mit einer Handbewegung bedeutend, sich zu verstecken, legte ich mich
sogleich auf den Boden nieder, zog das Messer und kroch auf einem Umwege
der erwähnten Richtung zu. Das Nächste nicht an diesen Ort Gehörige, was
ich erblickte, war ein Haufen eiserner Biberfallen, neben welchem ein Paar
krumme Beinchen sichtbar wurden, welche in riesigen Moccasins staken.
Weiter heranschleichend bemerkte ich auch ein langes, weites Sackhemde,
auf dessen oberem Theile die breite, runzelige Krämpe eines uralten
Filzhutes lag, und etwas abwärts von dieser Krämpe sah ich die grad und
dornig abstehenden Spitzen eines verworrenen Bartes, aus welchem zwei
kleine Auglein munter und aufmerksam durch das Blätterwerk lugten.
Es war Sam der Kleine. Aber wie war er nur hierher gekommen, da ich ihn
doch längst in der »Burg« vermuthete? Das war jedenfalls leicht und sofort
zu erfahren; ich durfte ihn ja nur fragen, und als ich deßhalb so
geräuschlos wie möglich an ihn herankroch, machte mir der Schreck, welchen
er über den unvermutheten Ueberfall haben mußte, schon im Voraus
Vergnügen.
Leise, leise, ganz leise griff ich nach der Rifle, welche an seiner Seite
lag, zog die alte, vorsündfluthliche Liddy an mich heran und öffnete den
rostbedeckten Hahn derselben. Bei dem dadurch verursachten Knacken fuhr er
so schnell herum, daß ihm das überhängende Zweigwerk Hut und Perücke
abstreifte, und als er seine eigene Büchse auf sich gerichtet sah, wurde
unmittelbar unter der in allen Regenbogenfarben spielenden Papageynase ein
mächtig großes Loch sichtbar, welches vom Erstaunen immer weiter
aufgerissen wurde.
»Sam Hawkens,« flüsterte ich; »wenn Ihr Euren Mund nicht bald zumacht,
werde ich Euch das ganze Dutzend Fallen hineinschieben, welches hier
liegt!«
»Good lack, habt Ihr mich erschreckt, Mann, wenn ich mich nicht
irre!« antwortete der Trapper, welcher trotz seiner Bestürzung keinen
einzigen unvorsichtigen Laut von sich gegeben hatte und schleunigst Hut
und Perrücke ihren verlorenen Herrschersitz wieder anwies.
»Glaubt Ihr nun noch immer, daß ich ein new-man sei, dem Ihr lehren müßt,
die Büchse zu halten?«
»Hol Euch der Teufel, Sir! Mir ist's in alle Glieder gefahren, meine ich;
denn wenn Ihr eine Rothhaut gewesen wärt, so -«
»So hättet Ihr Eure letzten Boudins gegessen gehabt, wie Ihr vorhin
sagtet. Hier habt Ihr Euer Schießgewehr! Und nun sagt, wie Ihr dazu kommt,
Euch hier schlafen zu legen.«
»Schlafen? Na, hört 'mal, Sir, von Schlafen war wohl gar kein Rede, wenn
Ihr mir auch auf den Leib gerückt seid, ohne daß ich es gemerkt habe.
Hatte meine drei Gedanken eben nur bei den zwei Rattenfellen, welche ich
mir noch holen wollte, und Ihr braucht da drin bei den Andern bei Leibe
nicht zu erzählen, daß der alte Sam überrumpelt worden ist.«
»Werde still sein.«
»Wo habt Ihr die Miß?«
»Steht da hinten. Wir hörten Eure Fallen klirren, und ich mußte natürlich
wissen, was das für Glocken wären.«
»Glocken? Ists so laut gewesen? Sam Hawkens, was bist Du für ein altes
dummes 'Coon (Racoon)! Liegt das alte Maulthier da, um Scalpe zu fangen
und macht dabei einen Lärm, der droben in Canada zu hören ist, wie mir
scheint! Aber wie seid Ihr denn in die Richtung gerathen? Seid wohl auch
hinter den beiden Rothhäuten her?«
Ich bejahte diese Frage und erzählte ihm, was ich gesehen hatte.
»Hm, wird Pulver kosten, viel Pulver, Sir! Kam da mit meinen Fallen das
Wasser herauf und sah plötzlich zwei Braune, wenn ich mich nicht irre, die
spionirend dort am Rande des Gebüsches, kaum acht Schritte von uns
entfernt, standen. Natürlich duckte ich mich ins Gesträuch und gewahrte
nun, daß der Eine abwärts, der Andere aber aufwärts ging, um das Thal
abzusuchen. Wird ihnen aber schlecht bekommen, meine ich! Ich ließ den
Einen an mir vorüber und machte mich dann hierher, um die Bursche zu
fragen, was sie gesehen haben, wenn sie nachher hier wieder
zusammentreffen.«
»Glaubt Ihr es?«
»Meine es! Wenn Ihr klug sein wollt, so macht Euch da hinüber auf die
andre Seite, damit wir sie dazwischen kriegen, und laßt die Miß nicht
länger warten, Sir. Könnte sonst vor lauter Ungeduld einen Fehler machen.«
Ich folgte der Weisung und kehrte zu Ellen zurück. Nachdem ich ihr in
kurzen Worten Bericht erstattet hatte, nahmen wir eine Sam grad gegenüber
liegende Stellung ein und warteten auf die Rückkehr der beiden Rothhäute.
Lange wurde unsre Geduld auf die Probe gestellt und es vergingen fast
einige Stunden, ehe wir den leisen Schritt eines heranschleichenden
Menschen hörten. Es war einer von den Erwarteten, ein alter, verwetteter
Bursche, der für die erbeuteten Scalps so wenig Platz an seinen Gürtel
gefunden hatte, daß er die Außennähte seiner weiten Hosen in dicken Lagen
mit dem Haare seiner erlegten Feinde ausgefranst hatte.
Kaum war er in unsern Bereich getreten, als er auch schon von hüben und
drüben gepackt und »ausgelöscht« wurde. Ebenso erging es dem Andern,
welcher nach kurzer Zeit erschien, und nun kehrten wir, vereint, wie wir
ausgegangen waren, in die Festung zurück.
Vor dem Thore suchten wir den Posten auf, welcher hinter dem beschützenden
Gesträuch geborgen gelegen und den spionirenden Wilden, der in einer
Entfernung von kaum einigen Schritten an ihm vorübergeschlichen war, wohl
bemerkt hatte.
Sam blickte ihn erstaunt an.
»Bist ein Greenhorn gewesen, Will, und wirst ein Greenhorn bleiben, bis
Dich 'mal die red-mens beim Schopfe haben, meine ich. Hast wohl
geglaubt, der Braune gehe hier nur Ameisen fangen, daß Du das Eisen
stecken gelassen hast?«
Ende des siebenten Teils – Fortsetzung folgt.