Ebenso bewundernswerth ist die Beziehung,
welche zwischen der Gestaltung und Größe eines Landes und derjenigen
seiner Thiere stattfindet. Gebirge haben andere Thiere als ebene Länder,
vielfach vom Wasser zerrissene Flächen tragen nicht dieselbe Fauna, wie
compacte, trockene Striche; große Festländer besitzen auch größere
Thiergattungen, kleinere Festländer und namentlich Inseln auch kleiner
gestaltete Thiere. So finden sich die Riesen der jetzigen Thierwelt, der
Elephant, das Nashorn, das Nilpferd, die Giraffe, der Löwe und Tiger in
Asien und Afrika, den breiten, massigen Erdtheilen, während das schmälere
Amerika nur den Tapir, das Ljama und einige Rinderarten besitzt, und auf
Neuholland das größte Säugethier, das Känguruh, nur in seinen stärksten
Exemplaren 140 Pfund schwer wird. Der Tapir ist ein Kälbchen gegen den
Elephanten und der Jaguar der neuen Welt nur eine Katze gegen den Löwen
der alten Welt.
Auch die Eigenschaften desjenigen Elementes, in welchem das Thier lebt,
trägt es an sich. Das Landthier zeigt ein festes Knochengerüste und eine
schwere Muskulatur, ganz so, wie sich die Ländermuskeln um das
Felsenskelett der Erde legen; das Luftthier ist leicht und voll lebendiger
Beweglichkeit, wie die Gashülle, welche uns umgiebt, und dem Bewohner des
Wassers ist die schlüpfrige Weichheit und Kälte der feuchten Flüssigkeit
eigen.
Dem unbeweglichen, irdischen Stoffe am nächsten verwandt, ist die Koralle
für immer an den Boden gebannt; freier schon sind die Muscheln und
Schnecken, haben aber für die ganze Zeit ihres Lebens die anerkannt
fürchterlichen Lasten eines Hausbesitzers zu tragen; der Krebs wird von
seiner »Erdenhülle« so beengt, daß er gezwungen ist, von Zeit zu Zeit
buchstäblich aus der Haut zu fahren; der Wurm wird von der festen Materie
nicht belästigt, aber »der Schmutz ist seine Welt,« in der er sich bohrend
windet; das Reptil hat die Erlaubniß, »den Sonnenstrahl zu speisen,« doch
wird es nie befreit von dem Fluche, »Erde zu essen sein Leben lang,« und
ob das Landthier einer noch so hohen Classe oder Ordnung angehöre, die
Erde hält es fest, hemmt seine Bewegungen und beeinflußt seinen Character,
der ein vorwiegend phlegmatischer ist.
Größere Freiheit und Schnelligkeit ist den Bewegungen der Wasserthiere,
besonders den Bewohnern der Seen und des Meeres gestattet. Ohne Wärme, wie
die Feuchtigkeit, in welcher sie leben, ist das Blut in den Adern der
meisten von ihnen kalt; stumm sind sie, wie ihr Element, und giebt sich
ihr Dasein dem Ohre zu erkennen, so geschieht es durch dasselbe
Plätschern, dasselbe Rauschen, welches das Wanderlied des Baches und die
Ode der Meereswogen bildet. Jener Zauber, welchen die geheimnisvolle Tiefe
auf das menschliche Gemüth ausübt, theilt sich auch ihren Bewohnern mit,
deren Leben wie ein anziehendes und doch ungelöstes Räthsel sich der
Betrachtung verbirgt. Wundersam, ungreifbar und gefährlich, wie die Tiefe,
über welche »keine Balken« führen, sind auch die Wesen, welche in ihr
leben:
»… Von Salamandern, Molchen und Drachen
Regt sich's in dem furchtbaren Höllenrachen.
Schwarz wimmeln da, in grausem Gemisch,
Zu scheußlichen Klumpen geballt,
Der stachlichte Rache, der Klippenfisch,
Des Hammers gräuliche Ungestalt,
Und dräuend weist
die grimmigen Zähne
Der entsetzliche
Hai, des Meeres Hyäne.«
Fröhlich und munter, behend und gewandt, anziehend und freundlich regt
sich dagegen das thierische Leben in der Luft, durch deren leicht
bewegliche und anschmiegende Fluth der helle Strahl der Sonne flimmert.
Das schaukelt und gaukelt, das schwirrt und flirrt, das brummt und summt,
das lächelt und fächelt, das ist ein Singen und Klingen, ein Hüpfen und
Schlüpfen, ein Necken und Verstecken, ein Lauschen und Rauschen hoch oben,
tief unten, bald hier, bald dort, allüberall, wohin sich nur das fleißige
Auge wendet, um die Lieblinge des Naturfreundes zu entdecken und ihren
blitzesschnellen, zierlichen oder majestätischen Bewegungen zu folgen.
Leise, wie das Säuseln des Zephyrs, klingen die süßen, abgerissenen Laute
des träumenden Rothkehlchens; scharf und heiser, wie der Windstoß durch
die Felsenenge pfeift, dringt der Schrei des Adlers über die
Steinschluchten dahin; schrill und ängstlich, wie die Stimmen der den
Sturm verkündenden Luftstöße tönt der warnende Ruf der Möven, die in
wirbelndem Fluge das Riff umkreisen; in ruhig klarer Bewegung, wie der
Strom des hohen Aethers, passiren die scheidenden Zugvögel in dicht
geschlossenen Phalanxen oder gabelförmigen Schwadronen den lichten
Horizont; in wellenförmigen Intervallen oder spielendem Wiegen, in kühnen
Exercitien oder in souverainer Würde badet der Tagvogel seine Brust in der
goldenen Luft, während Käuzchen und Uhu, die Katzen der Lüfte, mit
gespenstischem Flügelschlage durch die Schatten des nächtlichen Dunkels
schwimmen, um dem Aberglauben Stoff zu tausend furchterweckenden Mährchen
zu geben.
Aber wie die Nacht, die dunkelgewandige, sich bei unbedecktem Himmel mit
Millionen von Sternen schmückt, so entfaltet auch, wenn die Sonne ihre
Purpurgluth im Meere gelöscht, das Thierreich sein phosphorisches
Leuchten, um dem Strahle zu antworten, welcher den Gruß des Firmamentes
zur Erde bringt. Die Tiefe des Meeres flammt in magischem, geheimnißvollem
Lichte, in welchem sich die gefräßige Tintorera, der pfeilschnelle Hummer,
die kugelnde Qualle und die vielarmigen Stelleriden baden; am Buge des
Schiffes springt die schäumende Spiegelung mit demantischem Flimmer empor,
und hinter dem Steuer öffnet sich eine breite, hellflammende Furche; die
Schaar der Delphinen wälzt sich in siedendem Golde; wie flüssigem Metalle
entschlüpft, werfen sich fliegende