Für Martina
Im Jahr 2012 wurde Friedrichs des Großen 300-jährigem Geburtstag gedacht.
Dieses Jubiläum war sicher für den einen oder anderen Geschichtsfreund ein
Anlass, sich auch für die Schicksale sonstiger Persönlichkeiten zu
interessieren, die den Titel »der oder die Große« erhielten. Wir kennen
sie aus der Schule, »alle« die »Großen« der Geschichte, oder haben schon
einmal davon gehört: Alexander der Große, Konstantin der Große, Katharina
die Große oder Otto, Karl und Theoderich der Große, um nur ein paar zu
nennen. Aber es gibt überraschenderweise noch viele mehr, es sind mehr als
hundert – Herrscherpersönlichkeiten zumeist, doch auch andere,
Kirchenlehrer z. B., die den Titel »der« oder »die Große« tragen. Manche
Namen, verbunden mit dem Titel, tauchen sogar mehrfach in den Zeitläuften
in unterschiedlichen Jahrhunderten auf. Die meisten sind in unserer Zeit
der Allgemeinheit nicht mehr, sondern nur noch Spezialisten unter den
Historikern bekannt, aber zu ihrer Zeit spielten sie eine bedeutende
Rolle. Umso wichtiger ist es, sie dem Strom der Vergessenheit zu entreißen
und ihnen den gebührenden Platz in der Geschichte zuzuweisen. Denn
eigentlich haben alle »Große« in ihren Epochen mehr oder weniger »große«
Leistungen vollbracht, oder man hat sie als solche beurteilt, und daher
haben sie diesen Titel erhalten. Andere hätten ihn vielleicht ebenso
verdient, wurden aber aus teilweise nicht mehr nachvollziehbaren Gründen
nicht damit geehrt. Auf solche Fälle werden wir in diesem Buch nebenbei
auch noch zurückkommen. Diese Schrift hat jedoch vor allem das Ziel, einen
Überblick über die »Großen« der Geschichte zu geben; eine
ausführliche Lebensbeschreibung würde zwar den Rahmen der hier
vorgesehenen grundlegenden Informationen sprengen, aber wenn die
vorgelegte Übersicht zu weiterem Nachlesen oder weiteren Nachforschungen
im Zusammenhang mit den eigenen Interessen beitragen würde, wäre – über
die schlichte Tatsachenvermittlung hinaus – ein wichtiges Ziel des Buches
erreicht. Grundlinien der Leben der vorgestellten Persönlichkeiten, einige
Sagen, Legenden und Anekdoten vielleicht, mögen hier nicht nur die
wesentlichen Kenntnisse bringen, sondern auch zur Unterhaltung und zur
Auflockerung von Diskussionen über historische Themen beitragen. Natürlich
ist nicht ausgeschlossen, dass auch der eine »Große« oder die eine »Große«
übersehen wurden und daher trotz aller Recherche-Bemühungen nicht
auftaucht. Dann wäre ein Hinweis gern willkommen.
Wie immer in solchen Fällen sind die Quellen nicht einheitlich. In manchen
Fällen scheint der Titel offiziell nicht auf, dennoch finden wir den
Zusatz bei einzelnen Autoren oder in bestimmten Werken. Dies wird in den
Ausführungen zu den einzelnen Persönlichkeiten selbstverständlich erwähnt
werden. Sollten sich trotz aller gründlichen Recherchen Fehler
eingeschlichen haben, so wären Verbesserungsvorschläge wertvoll. In
Anbetracht des immensen Fakten- und Datenmaterials wäre es nicht
verwunderlich, wenn die eine oder andere Fehlinformation der Kontrolle
entgangen wäre. In diesen Fällen wird um einen Hinweis gebeten. Unabhängig
davon finden sich aber variierende Angaben in den Quellen, für die man
natürlich nicht die Historiker verantwortlich machen kann.
Die Auswertung der diversen Quellen – Übersichtswerke, Enzyklopädien,
spezielle Studien, Internet (Google, Wikipedia, Ökumenisches
Heiligenlexikon u. a.) – hat überraschende Ergebnisse erbracht. Am Ende
gefolgt wird allerdings nur Quellen, deren Angaben einer Nachprüfung
standhalten, d. h. Fachbüchern und Enzyklopädien. Nur wer hier »verewigt«
ist, findet – abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen - auch
Berücksichtigung. In der vorliegenden Schrift werden an vielen
unterschiedlichen Stellen bereits veröffentlichte Informationen zu einer
einheitlichen Gesamtschau zusammen getragen, die in dieser Form allerdings
noch nie präsentiert worden ist.
Die Gliederung des Buches folgt dem Zeitenverlauf. Da Altertum und Antike
sich in der Definition vermischen, ist zunächst von den »Alten Zeiten« die
Rede. Danach folgen die Antike, die mit »Großen« nicht geizte, und die
Zeit der Kirchenführer, die ebenfalls viele »Große« kannte. Vor allem
bzgl. Persönlichkeiten des Mittelalters war man nicht gerade sparsam mit
der Vergabe des Titels, und gerade in diesen Epochen begegnet uns eine
Flut von Fürsten mit diesem Titel, die uns heute im Grunde nichts mehr
sagen – und dennoch oder gerade deswegen ist es spannend, ihren Spuren zu
folgen. In der Neuzeit ebbte das Bedürfnis, den Titel »der/die Große« zu
verleihen, spürbar ab. Aber in diesem Zusammenhang muss auch erwähnt
werden, dass diese Titel nicht nur in Europa vergeben wurden, sondern auch
in Übersee, in anderen Erdteilen, was natürlich noch mehr in Erstaunen
versetzt.
Warum wurde dieser Titel überhaupt verliehen? Alle, die ihn erhielten,
haben sicherlich aus dem Blick ihrer Zeit heraus oder aufgrund der
Einschätzung der Nachwelt Bedeutendes geleistet. Manche waren Eroberer,
manche waren sogar Menschenschlächter, erhielten aber aufgrund sonstiger
überragender Taten dennoch den Titel. Vorbildhaft war z. B. der
Ceylonesische Herrscher Parakrama Bahu I. im 12. Jahrhundert, der mit dem
Beinamen »der Große« geehrt wurde, weil er sich um das Glück des Volkes,
die Stabilität der Religion, den Schutz des Adels und die Unterstützung
der Armen kümmerte. Als Zeichen der Größe können, davon ausgehend,
vielleicht vor allem drei wichtige Prinzipien herausgestellt werden:
Eroberungen waren zwar früher immer ein Zeichen von »Größe«; sie dienten
dem Machtzuwachs, waren aber auch gegen mögliche oder vermeintliche
Bedrohungen gerichtet, hatten sicher auch meistens wirtschaftliche Gründe.
Aber trotz allem sollte sich ein Herrscher um die Bewahrung des Friedens
oder eines friedlichen Zusammenlebens mit den unterworfenen Völkern
bemühen, so lange er nicht selbst Angriffsziel von Aggressoren wird; die
Einhaltung der Menschenrechte, wozu auch Gleichheit und Gerechtigkeit und
vor allem die Abschaffung drakonischer Strafen wie auch der Verzicht auf
Terror und Folter gehören, wäre ein weiteres hervorragendes
Charakteristikum; darüber hinaus müsste ein »Großer« die Wirtschaft
fördern, was in erster Linie ein gut organisiertes Finanzsystem und
möglichst auch niedrige Steuern beinhalten würde.
So folgen wir nun den Überlieferungen von den »Großen« in der Geschichte
und überlegen auch, so weit möglich, ob der Titel zurecht vergeben wurde,
und jeder Leser mag, je nach Interesse, den geschichtlichen Hintergründen
im Detail weiter nachspüren …
Dr. Eckehard Koch