
Es ist davon auszugehen, dass die Beiden den Heiligabend und den 1.
Weihnachtstag im Familienkreis verbrachten, bevor die gemeinsame Wanderung
begann. Mit Hilfe des heutigen Straßennetzes war man laut Google Maps
mindestens neun Stunden und eine Viertelstunde von Ernstthal kommend
unterwegs. Ich vermute deshalb, dass sie in Rehau übernachtet haben, denn
vom Bahnhof Hohenstein-Ernstthal musste man erst einmal mit dem Zug nach
Rehau fahren (heute mindestens 2,5 Stunden) und es war ja Winter, also
früh dunkel.

Wenn man vom Rehauer Bahnhof ostwärts nach Asch (dem heutigen Aš) fährt
oder wandert, kommt man unbedingt an der evangelisch-lutherischen
Pfarrkirche St. Jobst vorbei, die aus dem 15. Jahrhundert stammt, und
früher auch am alten Schulhaus, wo von 1712 bis 1727 der Schulmeister
Johann Richter und seine Frau Margaretha Richter, geb. Hugo lebten, die
Großeltern des Dichters Jean Paul.

Interessanter für zwei durstige Wandergesellen war aber unbedingt Gasthof
Seifert, der schon seit etwa 1500 existiert; es könnte sein, dass
sie hier übernachtet haben; oder vielleicht das gegenüber liegende Hotel
und Restaurant Krone, das es auch schon seit mindestens dem 18.
Jahrhundert gibt.


12,6 Kilometer östlich von Rehau liegt das Böhmische Asch (das heutige
Aš), ein freundliches Städtchen mit einem riesigen Rathaus. Laut Google
Maps braucht man etwa drei Stunden um den Fußweg zwischen beiden Städtchen
zu gehen.

Von Schengen hatte damals noch niemand, außer ein paar Luxemburgern,
gehört und so dürfte es bei der Grenze zwischen Bayern und Böhmen einen
kleinen Aufenthalt gegeben haben, zumal die beiden Spitzbuben vier ganze
Zigarren mitschmuggeln wollten.

Das Rathaus von Asch
Von Asch wanderten May und Lachner nach Eger (dem heutigen Cheb), etwa 23
km, ein fünfstündiger Weg. Eger ist heutzutage ein schmuckes Städtchen,
aber Karl May gefiel es nicht und zwar nicht nur während der
›Winterwanderung‹, denn die ›Großstadt‹[18]
sei zu teuer für Mays und Lachners bescheidenen Finanzen[19],
sondern auch später nicht bei einem kurzen Besuch am 12. Juli 1897 mit
seiner ersten Ehefrau Emma; er formuliert eine launige Gedichtsnotiz:
Diese Zeilen überraschen, wenn man Mays Gesinnung aus seinen Erzählungen Old Surehand, Im Lande des Mahdi und Die Sklavenkarawane kennt. Es sei deshalb darauf hingewiesen, dass damals ›Neger‹ auch eine andere Bedeutung als veraltetes Synonym für ›pleite oder mittellos‹ hatte:
»neger: geldlos, arm; vermutl. von dem Vergleich mit abgebrannt, schwarz« [Möglich ist eine] etymologische Herleitung über das Substantiv Neige f. [Überrest, Rückstand], mdal. ›néga‹«.[21]
Da sich die Formulierung ›schmierigster Neger‹ in Karl Mays Gesamtwerk überhaupt nicht findet, könnte es sich bei dem Vers also auch um ein Wortspiel handeln:
»Hier in diesem schmuzgen Eger
hält es selbst der heruntergekommeneste Landstreicher, pleite und
mittellos (was sich in dieser Form natürlich nicht reimt),
Keine halbe Stunde aus
Darum fahren wir nach Haus.«
Wenn man sich Mays Situation, der sich 1869 auf der Flucht befand,
vergegenwärtigt, könnte dies durchaus einen Sinn ergeben. Jedenfalls
fühlte sich der kleine Mann aus Sachsen in Eger unwohl[22],
aber es ist – wie gesagt, ein schmuckes Städtchen. Der Oberbefehlshaber
der kaiserlichen Truppen im Dreißigjährigen Krieg, Albrecht Wenzel
Eusebius von Wallenstein (tschechisch: Albrecht Václav Eusebius z
Valdštejna), wurde hier am 25. Februar 1634 ermordet; Karl Mays
Lieblingsdichter Friedrich (von) Schiller hat ihm ein literarisches
Denkmal gesetzt.




Wie dem auch sei, ›Carpio‹ und ›Sappho‹ wanderten weiter nach Tirschnitz,
dem heutigen Tršnice, 5,7 km weiter, aber heute ein Stadtteil von Cheb,
immerhin noch eine Strecke von fünf Viertelstunden zu Fuß.
Schräg gegenüber dem Bahnhof von Tischnitz steht auch heute noch ein
Café-Restaurant, ein ehemaliges Hotel, in dem Karl May und Hermann Lachner
die erste (zweite?) Nacht verbrachten. In diesem Hotel versteckten sie ihr
Geld im Ofen, aus dem ›Carpio‹ das seinige wieder herausnahm, um es in
seinem Bett zu verbergen, was er am nächsten Morgen allerdings wieder
vergessen war.[23]

Der Bahnhof von
Tirschnitz.

Die Straße entlang dem Bahnhof, gesehen von der Caféterrasse.
Am ersten Wandertag sind die beiden ›Studenten‹ also etwa 40 km oder 9
Stunden und eine Viertelstunde gewandert. Am zweiten (dritten?) Tag
wanderten sie dann von Tirschnitz nach Falkenau an der Eger (Tschechisch
bis 1948 Falknov nad Ohří), dem heutigen Sokolov nad Ohří. Eine Strecke
von etwa 25 oder 26 km – es gibt mehrere Routen zwischen beide Städtchen –
oder fünf Stunden per pedes apostolorum.
In Falkenau wollen sie in einer einfachen Herberge übernachten, aber ein
freundlicher Polizist führt das Duo dann zum Gasthaus Steiniger (später
Gasthaus Kremlink) am Alten Platz (heute: Staré náměstí) der
Wirtsleute Franzl und Anna Scholz. Später an diesem Abend stellen sich
noch drei neue Gäste ein: eine Frau, die sich Elise Wagner nennt, ihr
Vater und ihr Sohn.[24]

Alter Platz, Falkenau.

Das ehemalige Gasthaus
Steiniger am Alten Platz in Falkenau.

Diese Gedenktafel wurde vom tschechischen Künstler Vitĕzslav Eibl geschaffen und schmückt seit dem 22. September 2006 das ehemalige Gasthaus Steininger.
Am nächsten Tag fährt Franzl mit dem Schlitten zum Wallfahrtsort Maria
Kulm[25], dem heutigen Chlum Svaté Maří, und
nimmt Karl und Hermann mit.


Die Mariä-Himmelfahrt-Kirche (Kostel Nanebevzetí Panny Marie) in Maria Kulm.
Zurück in Falkenau stellt sich heraus, dass die drei Gäste ihre Schiffskarten gestern vergessen hatten. ›Carpio‹ und ›Sappho‹ erklären sich bereit, den drei nach Graslitz, dem heutigen Kraslice, nachzureisen, wo die Frau Wagner einen Verwandten hat.
Am vierten (fünften) Tag machen sich die beiden auf dem Weg, Frau Wagner,
ihren Vater und Sohn einzuholen. Sie gehen erst nach Gossengrün
(Krajkova), aber kehren erst einmal in ein Einkehrhaus außerhalb Falkenau
ein, um nachzuschauen, was der gute Wirt Franzl ihnen mitgegeben hat.[26] Laut May betrug die Entfernung zwischen diesem Café
und Gossengrün (Krajková) ungefähr eine Meile, die er und ›Carpio‹ in zwei
Stunden zurücklegen. Dies ist nur möglich, wenn er als Entfernungsmaß eine
österreichische Meile (7,586 Kilometer), eine deutsche Postmeile (7,5
Kilometer) oder eine geografische Meile (7,413 Kilometer) im Sinn hatte.
Warum er dieses Maß verwendete, ist nicht ganz klar, da Österreich am 1.
Januar 1871 und Sachsen am 1. Januar 1872 auf das metrische System
umstellten. Das Buch »Weihnacht!« wurde jedoch 1896 geschrieben,
aber wahrscheinlich wollte Karl May ein bisschen Authentizität aus den
Jahren 1857–59 hinzufügen. Google Maps nennt 12 km zwischen Falkenau und
Gossengrün; heutzutage ist der Ort Zwodau (das heutige Svatava) mehr oder
weniger an Falkenau angebaut; die Entfernung zwischen diesem Zwodau und
Gossengrün beträgt laut Google Maps 7,9 Kilometer, ein Fußmarsch von
immerhin zwei Stunden, was genau übereinstimmt mit Mays Angaben. Das
Einkehrhaus muss also in oder außerhalb Zwodau, dem Geburtsort von Ernst
Mosch (ja, man befindet zich mitten im Egerland und Ernst Mosch gilt immer
noch als Inbegriff der Egerländer Musik), gestanden haben.

Das Rathaus von Gossengrün.
In Gossengrün erfahren die beiden ›Studenten‹, dass ein Viehhändler Frau
Wagner und Verwandte mit seinem Wagen nach Bleistadt (das die Tschechen
Oloví nennen) mitgenommen habe und dass der Händler, dessen Wagen sich auf
mysteriöser Weise in einen Schlitten verwandelt hat, dort in einem Schenkhaus
angehalten habe.[27]
Von Gossengrün nach Ober Bleistadt (tschechisch: Horní Oloví) sind es
laut Google Maps noch 5,2 km, ein Spaziergang von einer Stunde und
fünfzehn Minuten, aber wir sollten bedenken, dass Horní Oloví viel höher
liegt, also lag hier schon zu Zeiten von Karl May und Hermann Lachner
Schnee, sodass der Spaziergang leicht zwei Stunden hätte dauern können.
Von diesem höher gelegenen Stadtteil bis zur eigentlichen Bleistadt kommen
noch einmal 900 Meter hinzu.

Die Michaeliskirche
(Kostel svatého Michaela archanděla) in Horní Oloví.

Das Schenkhaus in
Bleistadt, an der ČS. Armády; Google Maps meint dazu:
»Dieser Ort ist eventuell geschlossen.« Google Maps hat eventuell recht.
Bleistadt (Oloví) war und ist nicht groß (am 31. Dezember 2024 wohnten
1.631 Menschen in diesem Ort) und darum finden die beiden das Schenkhaus,
in dem der Händler abgestiegen ist, ziemlich schnell. Der Viehhändler ist
sogar noch vor Ort, aber seine drei Passagiere sind weitergegangen, des
Zwodau-Flüßchens entlang, immer noch in der Hoffnung, den Verwandten in
Graslitz (dem heutigen Kraslice) vorzufinden. Der Viehhändler, der aus
Graslitz stammt, hat Frau Wagner erzählt, dass jener Verwandte wegen
Trunksucht arbeitslos geworden war und über alle Berge ist. Trotz dieser
Mitteilung haben die drei ihren Weg nach Graslitz fortgesetzt. Der Vater
der Frau Wagner sollte dieses Städtchen aber niemals erreichen.
Irgendwo zwischen zwischen Bleistadt und Graslitz hat eine Botenfrau eine alte, verfallene Mühle als Domizil ausgesucht: eine kleine, ärmliche, halb verfallene Schneidemühle, deren ziemlich defektes Räderwerk eingefroren war.[28] Es muss sich also um eine Wassermühle handeln.
Der alte Mann, Frau von Hillers Vater, stirbt in dem ärmlichen Gehäuse. Seinen Namen übermittelt Karl May uns nicht; vielleicht hieß der arme Kerl Wagner, da seine Tochter sich in Böhmen ja Elise Wagner nennt. ›Carpio‹ und ›Sappho‹ erreichen die verfallene Mühle gegen Abend. Kurz und gut, als der Vater in Anwesenheit von seiner Tochter, Enkel, der Botenfrau, ›Carpio‹ und ›Sappho‹ gestorben ist, überreicht Karl May Frau von Hiller die Schiffskarten und sein letztes Reisegeld; anschließend gehen beide Burschen zurück nach Bleistadt um eine Unterkunft für die Nacht zu suchen.
Damit ist die Frage, wo diese famose Mühle stand, immer noch nicht beantwortet. May äußert sich nicht ganz deutlich: ›Für das Begräbnis hat die Gemeinde zu sorgen, zu welcher diese Mühle gehört.‹[29] Auch Frau von Hiller gibt uns keine Antwort; Jahre später sagt sie zu Old Shatterhand: ›Vor mir stiegen steile, kahle, unbekannte Felsen auf, die kommenden Tage, die ich, schon jetzt vor Müdigkeit zusammenbrechend, erklimmen sollte, und welche Mittel hatte ich dazu?‹[30] Das mag zwar bildlich gemeint sein, aber wenn man diese Worte buchstäblich nimmt, kann man denken an die Felsen, die am linken Zwota-Ufer hoch über die heutige Straße 21042 ragen. Das bringt uns aber auch nicht viel weiter. Dennoch ist es mir gelungen, die Stelle, wo die Mühle einst gestanden hat, ausfindig zu machen.
Frau Wagner/von Hiller samt Vater und Sohn verfolgen ihre Route, des
Zwodau entlang. Die Mühle ist eine Wassermühle und hat also am Ufer des
Flüsschens gestanden. Dass die Botenfrau, die ihr weniges Geld verdient
mit dem Botendienst zwischen Bleistadt und Graslitz, sich eine Unterkunft
gesucht hat, die nicht etwa jenseits von Graslitz liegt, ist klar.
Unverzichtbar bei der Suche nach der Wassermühle, in welcher Frau von
Hillers Vater starb, war die phänomenale Website vodnimlyny.cz[31]
Rudolf Šimeks, der geduldig und akribisch alle existierenden und
verschwundenen Wassermühlen in der gesamten Tschechischen Republik
kartierte, wofür ich aufrichtig dankbar bin.

Die Lage der ehemaligen Lindenhammer–Mühle. – OpenMap/OpenStreet.
Herr Šimek nennt 5 (ehemalige) Wassermühlen in Graslitz und nur eine
zwischen den beiden Städtchen. Und gerade Letztere, die Lindenhammer
Mühle (tschechisch: Lipovohamerský mlýn), genau 2,3 km vom Schenkhaus
in Bleistadt entfernt, muss ›unsere‹ Mühle sein.
Karl May und Hermann Lachner erreichen die Mühle, wie gesagt, gegen Abend. In Falkenau (Sokolov) geht die Sonne am 21. Dezember um 16.29 Uhr unter, was in Bleistadt damals nicht viel anders gewesen sein dürfte. Dann stirbt der Vater. May schreibt nicht, wie lange die Sterbeszene dauert oder wie lange er und ›Carpio‹ in der Mühle bleiben, aber wir können von einer bis zwei Stunden ausgehen. Es ist ja durchaus unwahrscheinlich, dass Frau von Hillers Vater seinen Tod so inszenierte, dass er bis fünf Minuten nach Mays und Lachners Ankunft wartete und dann schnell seinen letzten Atemzug tat, sodass die Jungen fünf Minuten später wieder auf der Straße standen. Nehmen wir an, unsere beiden Studenten brechen gegen 20 Uhr auf und kehren nach Bleistadt zurück. Hätte die fragliche Mühle in oder bei Graslitz (Kraslice) gestanden, hätten sie 10,5 km nach Bleistadt laufen müssen, ein Fußmarsch, der laut Google Maps normalerweise 2,5 Stunden dauern würde. May gibt jedoch an, dass der Schnee dort bereits tief lag, sodass wir in diesem Fall von mindestens 3,5 Stunden ausgehen können. Von Graslitz kommend wären sie also erst gegen 22.30 Uhr in Bleistadt angekommen, um eine Unterkunft für die Nacht zu suchen. Da die Menschen früher, insbesondere in abgelegenen Bergdörfern, viel früher zu Bett gingen als heute, wäre das unmöglich und so kann man die Existenz einer Mühle in oder bei Graslitz mit Fug und Recht ausschließen. – Es muss sich also demnach um diese Lindenhammer Mühle handeln!
Und hier vermischen sich wieder Dichtung und Wahrheit. Karl May könnte diese Mühle im Dezember 1869 tatsächlich als Unterschlupf benutzt haben. Am 4. Januar wurde er in Algersdorf festgenommen, 175 km weiter östlich, drei oder vier Tagesmärsche entfernt. Er behauptete, unterwegs nach Görlitz zu sein, was von Rehau (Bayern) aus eine logische Route ergibt, wenn man das Königreich Sachsen umgehen will. Görlitz gehörte bis 1945 zu Niederschlesien. In Görlitz gab es Zugverbindungen u. a. nach Berlin und Breslau.
Herr Šimek berichtet, dass die Lindenhammer Mühle zwischen 1620
und 1848 als sogenannte ›Leibeigenenmühle‹ genutzt wurde; 1842 wird ein
gewisser Antonín Habenzettel als Besitzer erwähnt. Was zwischen 1848 und
1930 mit der Mühle geschah, ist selbst dem gut informierten Herrn Šimek
nicht ganz klar, aber es ist sicher, dass die Mühle 1930 nicht mehr in
Betrieb war. Vielleicht sogar schon früher: Wenn die Mühle 1848 vom
letzten bekannten Besitzer (Habenzettel) aufgegeben wurde, wäre sie
tatsächlich 1857 oder 1858 ziemlich baufällig gewesen, was es plausibel
macht, dass das Schaufelrad kaputt war, als May und Lachner die Mühle
besuchten und dass die Botenfrau in das Gebäude eingezogen war, das (fast)
zehn Jahre lang leer gestanden hatte. Nach 1946 wurde an der Stelle, wo
einst die verfallene Mühle stand, ein Wachhaus errichtet, auch dieses
Gebäude wurde später verlassen und verfiel.



Wie gesagt, nennt Herr Šimek sechs Mühlen in oder bei Graslitz.
Glücklicherweise hat er, wie auch ich, Fotos von den heutigen Zustand vor
Ort gemacht, was das Suchen erheblich erleichterte.

An der Stelle vor dem blauen Schuppen (Adresse: ulice 5. Května) stand
einst die Hussenmühle (Herr Šimek nennt keinen tschechischen
Namen). Die Mühle war mindestens von 1764 bis 1963 ununterbrochen in
Betrieb und kann daher während der Winterwanderung von ›Carpio‹ und
›Sappho‹ sicherlich nicht verfallen gewesen sein. Die Mühle wurde erst
2008 abgerissen.
Manche Forscher halten es für möglich, dass Karl May all diese böhmischen
Orte erst während seiner ›zweiten Vagantenzeit‹ 1869–1870 kennen gelernt
hat, doch auch dann noch war die Mühle noch voll in Betrieb und kommt also
nicht in Frage.
Bis 1885 stand dort, wo heute ein zweites blaues Gebäude an der Hradební
steht, die Korbmühle (Herr Šimek nennt keinen tschechischen Namen); diese
Mühle konnte also weder während ›Carpios‹ und ›Sapphos‹ Winterwanderung
noch während Karl Mays ›zweiter Vagantenzeit‹ 1869–1870 verfallen gewesen
sein.

Zwischen den Hochäusern auf der rechten Seite stand die Herrnmühle
(tschechisch: Panský mlýn). Die Mühle war mindestens bis 1938 in Betrieb,
daher kann auch diese Mühle während ›Carpios‹ und ›Sapphos‹
Winterwanderung und während Karl Mays ›zweiter Vagantenzeit‹ 1869–1870
unmöglich verfallen gewesen sein.

Die Zulegermühle (Herr Šimek nennt keinen tschechischen Namen),
benannt nach ihrem Besitzer im Jahr 1842, Václav Zuleger, war mindestens
bis 1938 als Mühle in Betrieb und konnte daher weder während der
Winterwanderung von ›Sappho‹ und ›Carpio‹ noch während Karl Mays ›zweiter
Vagantenzeit‹ 1869-1870 verfallen gewesen sein. Im Gegensatz zu vier von
den anderen fünf Graslitzer Wassermühlen existiert das Gebäude noch, dient
heute aber als Wohnhaus.

Die Räumer Mühle (Herr Šimek nennt keinen tschechischen Namen)
wird ebenfalls nach einem ihrer früheren Besitzer benannt sein. Die Mühle
war mindestens bis 1881 in Betrieb und kann daher weder während der
Winterwanderung von ›Carpio‹ und ›Sappho‹ noch während Karl Mays ›zweiter
Vagantenzeit‹ (1869-1870) verfallen gewesen sein. Irgendwann zwischen 1907
und 1930 wurde die Mühle abgerissen, um Platz für die Fabrikgebäude der
Blasinstrumentenfirma Bohland & Fuchs zu schaffen.
Wie die auf dem vorherigen Foto abgebildete Zulegermühle lag auch die Räumer Mühle nicht an der Zwodau (Svatava), sondern am Střibný Potok, einem Nebenfluss der Zwodau. Frau von Hiller hatte geplant, der Zwodau nach Graslitz zu folgen, was aber natürlich nichts über ihre Route in Graslitz selbst aussagt.
Eine sechste und letzte Mühle in Graslitz war die Knappschaftsmühle, die ich nicht fotografiert habe. Aber auch sie war 1881 noch in Betrieb; der Name Knappschaftsmühle lässt darauf schließen, dass sie dem Bergwerk diente. Das Gebäude am Bublavský potok existiert heute noch, wird aber schon lange nicht mehr als Mühle genutzt.
Fazit: Die Mühle, in der Frau von Hillers Vater seinen letzten Atemzug tat, muss daher die Lindenhammer Mühle bei Bleistadt sein.
Anmerkungen
[1]
Karl May: »Weihnacht!«, Freiburg 1897, S. 63. – Karl May »Weihnacht!«,
Historisch-kritische Ausgabe, Nördlingen 1987, S. 60
[2]
Ebd., S. 25–27. – Ebd., S. 28–30.
[3]
Ebd., S. 94. – Ebd., S. 85.
[4] Ebd., S. 96. – Ebd., S. 87.
[5] Ebd., S. 100–106. – Ebd., S. 90–96.
[6] Ebd., S. 107. – Ebd., S. 96.
[7] Ebd., S.107–108. – Ebd., S. 97.
[8] Ebd., S. 110–113, – Ebd., S. 98–101.
[9]
Vgl. Klaus Hoffmann: Karl May als »Räuberhauptmann« oder Die Verfolgung
rund um die sächsische Erde. Karl Mays Straftaten und sein Aufenthalt 1868
bis 1870, 1. Teil. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1972/73, Hamburg
1972, S. 215–247. Ferner: https://karl-may-wiki.de/index.php/Zweite_Vagantenzeit.
Abgerufen am 1. Dezember 2025.
[10]
Hans-Dieter Steinmetz (Hrsg.): Karl May in Hohenstein-Ernstthal 1921–1942,
Bamberg/Radebeul 2016, S. 28.
[11]
Hartmut Schmidt: »Ich war mit fünf Jahren in die Schule gekommen …«.
Anmerkungen zum Hauptbuch der Ernstthaler Knabenschule, Karl-May-Haus
Information Nummer 9/1996, S. 7–12.
[12]
Walther Ilmer: Karl Mays Weihnachten in Karl Mays »Weihnacht!« II. Eine
Spurenlese auf der Suche nach Fährten. In: Jahrbuch der
Karl-May-Gesellschaft 1988, Hamburg 1988, S. 210.
[13]
Roland Schmid: Nachwort zu Am Jenseits, In: Karl May: Freiburger
Erstausgaben. Bd. XXV. Hrsg. von Roland Schmid, Bamberg 1984, N 3.
[14]
Karl May: Mein Leben und Streben, Freiburg 1910, S. 53.
[15] Karl May: »Weihnacht!«, wie Anm. 1, S. 108. – HKA, wie Anm. 1, S. 98.
[16]
https://www.google.com/maps/.
Abgerufen am 13. Dezember 2025.
[17] Karl May: »Weihnacht!«, wie Anm. 1, S. 25. – HKA, wie Anm. 1, S. 28.
[18]
Eger hatte am 31. Dezember 1857 11.012 Einwohner.
[19] Karl May: »Weihnacht!«, wie Anm. 1, S. 25. – HKA, wie Anm. 1, S. 29.
[20]
Zitiert nach Dieter Sudhoff und Hans-Dieter Steinmetz, Karl-May-Chronik,
Band II: 1897–1901, Bamberg/Radebeul 2005, S. 69.
[21]
https://noemix.wordpress.com/2019/10/27/etymologisches-aus-der-reihe-ositanisch-fur-auserosische/.
Abgerufen am 14. Dezember 2025.
[22]
Auch in Karl Mays Kolportageroman Der Weg zum Glück (1886–88) wird
Eger in einem negativen Zusammenhang gebracht. Der österreichische Baron
Friedrich von Alberg (Pseudonym Curt von Walther) ließ in Eger – im Weg
zum Glück ›Bad‹ Eger genannt (vielleicht eine Anspielung auf den nur
wenige Kilometer entfernten Kurort Franzensbad?) – seine ehemalige
Freundin Hiller sitzen, als sie von ihm ein Kind, Max Walther, erwartete.
Die Vaterschaft hat er nie offiziell anerkannt. Auffällig ist hier die
Namensgleichheit mit der Frau von Hiller in Falkenau.
[23]
Karl May: »Weihnacht!«, wie Anm. 1, S. 41ff. – HKA, wie Anm. 1, S.
42ff.
[24] Ebd., S. 42ff. – Ebd., S. 42ff.
[25] Ebd., S. 94. – Ebd., S. 85.
[26] Ebd., S. 100–106. – Ebd., S. 90–96.
[27] Ebd., S. 107. – Ebd., S. 96.
[28] Ebd., S. 109. – Ebd., S. 98.
[29] Ebd., S. 114. – Ebd., S. 102.
[30] Ebd., S. 163. – Ebd., S. 143.
[31] https://www.vodnimlyny.cz/. Abgerufen am 5. August 2025.